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Ein quirliger Unruhegeist

Wolfgang Smolarek zog vor drei Jahren nach Görlitz, engagiert sich bei vielen Initiativen. Manche verließ er auch wieder.

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© nikolaischmidt.de

Von Sabrina Winter

Wolfgang Smolarek sagt von sich selbst: „Ich bin kein Sofatyp.“ Der 68-Jährige ist aktiv in Görlitz und engagiert sich gern. Sein neustes Projekt: eine Kunstausstellung in der Stadtbibliothek. Sie läuft unter dem Motto „Kunst im Kasten“ und zeigt Skulpturen, zum Beispiel ein Herz, das von Stecknadeln gepikst wird oder einen Elefanten, der mit seinem Rüssel eine Kugel den Berg hochrollt. Außerdem fällt auf: In der Ausstellung gibt es viele weibliche Brüste. Eine Brustskulptur trägt den Titel „Eine kurvenreiche Piste“. Smolarek hat kleine Skifahrer auf den Oberkörper gesetzt, um das Wortspiel zu untermauern. „Kunst und Erotik hängen ja oft zusammen“, sagt der Rentner.

Die Leute sollen schmunzeln

Was zunächst wie eine ungeordnete Mischung wirkt, hat einen gemeinsamen Hintergrund: Hinter jeder Skulptur steckt eine Redensart oder ein Wortspiel. „Die Leute sollen schmunzeln und Spaß haben“, erklärt Smolarek. Der Elefant, der eine Kugel nach oben rollt, trägt den Titel „Eine ruhige Kugel schieben“. Unter dem Herz, in dem Stecknadeln stecken, steht „Verletztes Herz“. Die Brustskulpturen haben eine besondere Geschichte: Bei seiner Ausstellung ließ sich Wolfgang Smolarek von dem Bremer Künstler Volker Kühn inspirieren. Dieser malte eine Postkarte mit einer weiblichen Brust. Das Motiv wollte Smolarek als Skulptur haben. Doch er wusste nicht wie. Von einer Bekannten erhielt er einen Tipp und ging zu einem Bäcker in seiner Heimat in Nordrhein-Westfalen. Der Bäcker formte ihm die gewünschte Skulptur aus Zucker und Marzipan. Später ließ Smolarek in einem Zahnlabor einen Abdruck davon machen. Nun hat er eine Silikonform und kann die Skulptur in Gips gießen. Das ist praktisch, denn das Original aus Zucker und Marzipan hat schon Risse.

Die Ausstellung in der Stadtbibliothek ist bereits Smolareks zweite in Görlitz. Vor zwei Jahren stellte er einige Skulpturen im Café Kugel aus. Das ist beachtlich, denn der Rentner lebt erst seit drei Jahren in Görlitz. Ursprünglich kommt er aus dem Ruhrgebiet. Nach Görlitz zog er der Schönheit der Stadt wegen. Er erzählt: „Ich habe drei Jahre lang gebraucht, um mir einen Ruck zu geben und nach Görlitz zu ziehen.“ Pfingsten 2013 dachte er sich, jetzt oder nie, fuhr nach Görlitz und besichtigte Wohnungen. „Mit der ersten, die ich mir angesehen habe, habe ich gleich meine Traumwohnung gefunden“, sagt der 68-Jährige. Er hat seine Entscheidung bis heute nicht bereut und spricht begeistert über Görlitz: „Man kann hier so viel machen! Man muss nur wollen.“

Viel gemacht hat Wolfgang Smolarek tatsächlich. Im Mehrgenerationenhaus in Weinhübel hat er im März dieses Jahres einen Tauschring gegründet. Einmal im Monat werden dann Gegenstände miteinander getauscht. Das Projekt ist gut angelaufen. Bis zu 20 Leute haben bisher an den Treffen teilgenommen. Auch im Seniorenkompetenzteam hat Smolarek eine Weile mitgewirkt. Gemeinsam mit dem Lebenshof in Ludwigsdorf wollte er Jugendliche begleiten, die die Hauptschule nachholen. Aber das Projekt fand zu wenig Mitstreiter und wurde nicht umgesetzt. Aus dem Seniorenkompetenzteam ist er inzwischen ausgetreten. Die Chemie zwischen ihm und der Führung stimmte nicht.

Im Bürgerrat hat sich Wolfgang Smolarek einige Monate für das Stadtgebiet Innenstadt West eingesetzt. Doch das Amt legte er nieder. Fragt man nach dem Grund, sucht er eine Weile nach einer diplomatischen Formulierung. Er fühle sich verraten und hatte keine Lust mehr, sagt Smolarek schließlich.

Kein Künstler, eher ein Bastler

Trotzdem ist er in Görlitz gut vernetzt. Da Smolarek auch Mitglied der IG-Verkehr ist, trifft er sich einmal im Monat mit dem Bauamt der Stadt. Gemeinsam sprechen die Interessengemeinschaft und die städtischen Vertreter dann über die Ideen der Bürger.

Vor dem Rentenalter arbeitete Wolfgang Smolarek als Bezirksleiter einer Sozialversicherung in NRW. Schon damals interessierte er sich für Kunst, hatte aber kaum Zeit dafür. Erst seit dem Ruhestand, den er gern als „Unruhezustand“ bezeichnet, kann der 68-Jährige sein Hobby pflegen.

Wer möchte, kann seine Kunst kaufen. Eine Mitarbeiterin der Bibliothek erwarb am ersten Tag der Ausstellung drei Skulpturen. „ Die Preise decken nur die Materialkosten“, sagt Smolarek. Er schätzt sich selbst so ein: „Ich bin kein Künstler, eher ein geschickter Bastler.“ Wer sich seine Basteleien ansehen möchte, hat noch bis Ende September Zeit.