Von Hans Schulz
Wer sich mit der Görlitzer Historie beschäftigt, kommt an Johannes Haß nicht vorbei. Vor allem die Niederschlagung des Tuchmacheraufstandes verbinden Stadtführer heute mit Johannes Haß und weisen in der Verrätergasse immer wieder auf ihn hin. Haß gilt als Mann großer Verdienste für Görlitz. Ein Görlitzer aber war er nicht. Das Licht der Welt erblickte Haß 1476 in Greiz.
Seine Eltern entließen ihn, sich in anderen Orten Wissen anzueignen. Dabei kam Haß am 13. April 1491 erstmals nach Görlitz. Die Stadt hatte in Sachen Bildung einen besonders guten Ruf. Hier lernte Haß Latein, Logik, Religion, Kirchengesang und Schreiben, hatte dafür auch Schulgeld parat. 1493 reiste er nach Leipzig. In den Archiven der dortigen Universität ist noch heute sein Eintrag als „Johannes Hasse de Greetz“ zu finden. Nach dem Studium arbeitete Johann Haß als Lehrer und Kantor, darunter in Zittau, und erwarb 1506 den akademischen Grad eines Magisters. Dann stand wieder Görlitz auf seinem Reiseplan, Hier hatte er sich als Oberstadtschreiber beworben und bekam 1509 das Amt.
Seine Aufgaben bestanden darin, Ratsprotokolle zu verfassen, im Rat in Haushaltsfragen mitzuwirken sowie Streitigkeiten von Stadtdienern zu entscheiden. Als Oberstadtschreiber war er zugleich Gerichtsdiener. Mit der Führung aller städtischer Korrespondenz legte er den Grundstein seiner Anerkennung als einer der ersten wissenschaftlichen Geschichtsschreiber. Seine Aufgaben waren bald mit besonderen Privilegien verbunden. So wird berichtet, dass er auf dem Kirchweg von einem Ratsdiener begleitet wurde und bei Feierlichkeiten mit dem Rat speisen durfte.
Sein Wirken für die Stadt verlief nicht immer problemlos. Besonders die Ideen Luthers versetzen ihn in Widerspruch. Einen schweren Schicksalsschlag musste Haß im Jahr 1523 verkraften, als nach achtjähriger Ehe seine Frau Barbara starb. Durch seinen persönlichen Einsatz konnte die Peterskirche erhalten bleiben. So berichtet Richard Jecht in seiner Topografie der Stadt Görlitz von einem Großbrand am 12. Juni 1525, der 180 Häuser vernichtete. Auch das Haus von Johannes Haß in der Petersgasse war von dem Unglück betroffen. Das Feuer, das in der Neißgasse ausgebrochen war, griff schnell auf weitere Gebäude über. Durch Funkenflug geriet das Dach der Peterskirche in Gefahr. Haß bekämpfte selbst das Feuer und veranlasste, immer wieder neue Wasserketten zu bilden. Das Gotteshaus wurde gerettet. Einige Jahre später stand er dann im Mittelpunkt des Tuchmacheraufstandes. Es gab auf sein Betreiben hin zahlreiche Hinrichtungen und Gefängnisstrafen. 1535,1539 und 1543 wählten die Ratsmitglieder Haß zum Bürgermeister. Dieser Posten wurde damals immer nur für ein Jahr gewählt. Schwer krank starb er am 3. April 1544 in dem (heutigen) Haus Peterstraße 11/12. Dazu schrieb Richard Jecht: „Das Haus ist uns ehrwürdig dadurch, dass der berühmte Oberstadtschreiber Haß, dem wir höchst wertvolle Ratsannalen zu verdanken haben, bis zu seinem Tode hier wohnte. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Nikolaifriedhof neben seiner Gattin.“