Von Ute Himmer
Orgelklänge dringen durch die von Raureif überzogene Nentmannsdorfer Landschaft. Doch weit und breit ist in dem kleinen Bahretaler Ortsteil kein Konzertsaal in Sichtweite. Die Musik kommt aus einer Garage, konkret aus der von Siegfried Creuz. Für Insider ist das nichts Neues. Veranstaltungen hier waren zu DDR-Zeiten Kult. In der ungewöhnlichen Umgebung konnten Musikliebhaber Konzerten von Bach bis Mozart lauschen – und berühmten Organisten. Koryphäen wie Matthias Eisenberg spielten auf Creuz’ Garagenorgel. „Zu den besten Zeiten fanden in der Garage 130 Gäste Platz, der Rest musste draußen stehen“, erzählt Creuz.
Beeindruckende Klänge
„1989 wurde meine Frau schwer krank, und seitdem gibt es keine Konzerte mehr“, so Creuz weiter. Er hatte nicht nur die Veranstaltungen organisiert, sondern auch die Orgeln gebaut. Drei stehen in seiner Garage. Dort betätigt an diesem kalten Vormittag Creuz’ Lebensgefährtin, Kammersängerin Heidrun Halx, die Tasten und Pedale der Orgel. „Allerdings nur zum Üben oder zum eigenen Vergnügen“, sagt sie. Dennoch entlockt die ehemalige Sängerin an der Leipziger Oper und jetzige Ruheständlerin mit viel Freude und Können dem Instrument mit den schönen Schnitzereien an der Seite beeindruckende Klänge. „Bei künftigen Konzerten bin ich dabei“, sagt sie.
Diese Tradition wieder zu beleben, das ist auch der große Wunsch von Siegfried Creuz. Immerhin gibt es dafür in diesem Jahr einen guten Anlass. Denn vor 30 Jahren begann der heute 70-Jährige mit seinen Konzerten in der Garage. „Aber dort ist bei drei Orgeln kaum noch Platz für die Zuhörer“, fügt er hinzu. Creuz, der Autoschlosser lernte, später sein Herz für die Königin der Instrumente entdeckte und das Hobby zum Beruf machte, hat auch schon eine Idee parat. „Es müsste ein kleines Gebäude gebaut werden, in dem zwei Orgeln aufgestellt werden können.“
Treff für Musikfreunde
„Der Bauplatz wäre vorhanden“, sagt der Siebzigjährige und zeigt auf eine große freie Fläche auf seinem Grundstück. Auch eine Vorstellung, wie das Orgelhäuschen aussehen könnte, hat er schon. „Nur allein schaffe ich das Projekt nicht mehr. Aber gemeinsam mit dem neu gegründeten Bahretaler Förderverein Dorfentwicklung wäre das sicher machbar. Dort bin ich auch Mitglied.“
Die Bahretaler Bürgermeisterin Brigitte Kolba (Freie Wähler), die auch den Vorsitz in dem Förderverein innehat, ist von dem Creuzschen Gedanken sehr angetan. „Gründe, sich für das Vorhaben einzusetzen, gibt es mehrere“, erklärt Kolba. „Solch ein kulturelles Kleinod belebt den Ort und darüber hinaus die ganze Kommune“, zählt sie auf. Außerdem könnte prima eine Verbindung zu Langenhennersdorf hergestellt werden. Dort ist eine Station der Herbrig-Orgelstraße.
Bei Dagmar Sievert hat das künftige „Orgelhaus“ zumindest auf dem Papier schon Gestalt angenommen. Denn die Planerin bereitet die Unterlagen für den Bauantrag vor. „Es geht darum, einen angemessenen Rahmen für die Garagenorgeln zu finden“, sagt sie. Auch sie fände es schön, wenn die Konzerttradition fortgesetzt werden könnte. Ergänzt werden soll sie durch Orgel-Führungen und Ausstellungen.
„Schön wäre es, wenn das Projekt dieses Jahr steht“, fügt die Bürgermeisterin hinzu. Deshalb werden gegenwärtig auch die Fördertöpfe geprüft, um eine finanzielle Unterstützung zu bekommen.