Von Lothar Walli
Vor knapp drei Jahren stand ich am Aussichtspunkt von Deutsch Ossig und habe in Gedanken eine Radrundfahrt um den See gemacht. Heute stehe ich wieder hier und starte auf dem teils bereits fertigen Rundweg meine Tour. Ein Blick zum Nordstrand verrät, dass die Gestaltung des Strandbereiches bis hin zum Campingplatz fast fertig ist. Auch die Zufahrt nach Deutsch Ossig nimmt deutliche Konturen an. Im Ort selbst steht dagegen die Zeit still. Eigentlich schade, da täglich viele Menschen den See aufsuchen. Neu sind der Gedenkstein, der anlässlich des Dorfjubiläums aufgestellt wurde, und der Turm auf dem Herrenhaus mit der Glocke. Die Glocke tönt über den See und soll auch mahnen: „Leute, tut etwas!“
Ich nehme einen Schluck aus meiner Trinkflasche. Zu kaufen gibt es hier noch nichts. Schon bin ich beim Neißeeinlauf, am Ausgang von Deutsch Ossig. Über 110 Millionen Kubikmeter Wasser sind im See. Vor zweieinhalb Jahren waren es gerade mal rund 13 Millionen. Die Wassertiefe ist von acht auf 46 Meter gestiegen. Damit ist der See zu etwa einem Drittel gefüllt. Doch für ihn fällt erst bei einem Durchfluss des Neißewassers von reichlich 13 Kubikmetern pro Sekunde etwas ab.
Ich fahre weiter bis zum Aussichtspunkt Flutmulde. Der Blick auf die gewachsene Wasserfläche ist schon erhebend, auch die Bäume sind größer geworden. Wer an dem Punkt den See verlassen will, muss die Bahnlinie und die B 99 überqueren und den verdeckten Pfad zum Neißeradweg benutzen. Ein Hinweisschild auf beiden Seiten fehlt. Ich begebe mich eine „Etage“ tiefer und folge dem Weg (rechtlich umstritten, weil zwar nicht verboten, aber auch nicht erlaubt) in Richtung Halbinsel und Hafenbecken. Hier empfängt mich eine Terrakotta-Armee: graue Pfähle, die einmal die Bootsanlegestege tragen sollen.
Am Pließnitzeinlauf auf der untersten Etage, plätschert etwas Wasser in den See. Unweit ist das Tauchritzer Wasserschloss zu sehen. Wann wird es fertig sein, wie soll es genutzt werden? Mein Weg führt am Förderschacht und am Hochbunker vorbei. Am Schacht gestaltet der Verein bergbauliche Zeitzeugen weiteres Anschauungsmaterial. Ich fahre auf dem angearbeiteten Rundweg zur neuen Markierung des Standortes der ehemaligen Schule Berzdorf. Ein großer Findling und eine Schulbank laden zur Rast ein. Etwas oberhalb, zurzeit noch unzugänglich im Wald, wird der ehemalige Standort der Kirche vom Heimatverein Schönau-Berzdorf, vom Verein „Oberlausitzer Bergleute“ und von der Gemeinde gestaltet. Wie auch beim Golfplatz zeigt sich: Da, wo klare Vorstellungen vorhanden sind, kann man mit der Hilfe der Vereine und der Bevölkerung rechnen.
Mein Weg führt mich nun direkt zum künftigen Campingplatz. Ich biege nach Görlitz-Weinhübel ab. In der Gaststätte „Zur Landeskrone“ mache ich nach 19 Kilometern eine Rast. Bei einem kühlen Bier bin ich am Träumen: Ich fahre nächstes Jahr den geteerten Rundweg entlang, das Wasser ist weiter gestiegen, und ich stelle mir vor, was sich wohl alles um den See getan hat. Ich bin Optimist und weiß, dass es hier einmal eine weitere Perle in der Oberlausitz geben wird.
Lothar Walli ist Mitglied im Verein
„Oberlausitzer Bergleute“ e. V.