Von Alexander Munzig
Thea, ein junges, fast vierzehnjähriges Mädchen, sitzt auf dem Wohnzimmertisch. Die Beine verschränkt, krallt sie sich krampfhaft in ihren Kuschelteddy. Ihr Gesicht ist gerötet, die Haare sind zersaust, und ihre Aussagen sind undurchsichtig, rätselhaft. Sie spricht über ein Ereignis in der Vergangenheit, was ihr anscheinend schwer fällt, denn sie nennt es nur „es“. Wer hat diesem Mädchen das Lachen aus dem Gesicht gestohlen? Gibt es eine dunkle Geschichte in ihrem Leben? Diese und andere Fragen sollte sich der aufmerksame Zuschauer zum Teil selbst beantworten.
Zuerst drei
heitere Sketche
Die Theatergruppe des Rothenburger Gymnasiums, die „Quarzuhren“, luden nämlich zu Aufführungen ein. Der erste Teil der Veranstaltung sollte vor allem einem Muskel gewidmet sein, und zwar dem Lachmuskel. Deutschlehrerin Ilona Wentzel präsentierte mit ihren Nachwuchsschauspielern drei heitere Sketche. „Jetzt rede ich“, so der Name der Talkshow im ersten Stück. Hier konzentrierte man sich auf detektivische Ermittlungen in der heimischen Märchenwelt. Stargast der Show war der Wolf, der seine eigene Variante um die gefressenen sieben Geißlein zum Besten gab. Natürlich beschwerte er sich über die Skandalreporter Grimm, die ihn angeblich in ein schlechtes Licht gerückt hätten.
Um große, kleine, dicke und dünne Hüte ging es im Sketch „Der Hutladen“. Verkäuferin und Kunde diskutieren über die richtige Auswahl der schönen Kopfbedeckung. Am Ende kommt man aber zu dem Schluss, dass man ohne Hut doch am besten gekleidet ist. Ein wahres Affentheater wurde dem amüsierten Publikum dann als drittes geboten. Tja ein Regisseur hat es nicht leicht, besonders wenn durch Rechtschreibefehler im Drehbuch aus dem „Grafen“ das „Gaffen“ gemacht wird.
. . . dann aber ein sehr
ernstes Thema
Nach einer kurzen Pause sollte dann aber auch dem Letzten in dem fast vollständig gefüllten Saal, das Lachen im Halse stecken bleiben: Per Folie wurden Zeitungsausschnitte über Gewalt in Familien an die Bühnenwand projiziert. Dies sollte auf die Aufführung der „großen“ Künstler des Gymnasiums hinweisen. „Hab‘ mich lieb“, so der Titel des Stücks über die Misshandlung eines Mädchens durch den eigenen Vater. Thea, die jüngere von zwei Schwestern, stürzt aus dem Fenster und verunglückt tödlich. War es ein Unfall oder gar ein gewollter Sprung? Diese Frage soll rückblickend geklärt werden. Ute, die ältere Schwester, findet durch Zufall Theas Tagebuch. Nur in ihm scheinen alle Antworten niedergeschrieben zu sein.
So liest sie über düstere Träume von Thea, in denen ein Tier hinter ihr her ist. Nachdem es Thea in seiner Gewalt hat, spürt die Kleine plötzlich eine wohlige Wärme und dann auf einmal nur noch Schmerz. Und das Tier ist dann auch kein Tier mehr, sondern Papa. Diese Träume wurden entsprechend umgesetzt. Konrad Assig als Familienvater und Wolf im Schafspelz tritt mit einer Tigermaske auf und stürzt sich auf Manja Jacob alias Thea, die schreit und Hilfe sucht. Annina Krause, die Ute verkörperte, ist von Schuldgefühlen geplagt, weil sie nie Zeit für ihre Schwester und deren Probleme hatte. Doch nun ist es zu spät.
Insgesamt sei es für alle schwer gewesen, sich in so eine Thematik hineinzuversetzen. Dem Publikum ging es nicht anders. Teilweise war die Aula totenstill und der eine oder andere bekam Gänsehaut, als sich die Annäherungsversuche des Vaters gegenüber seiner Tochter auf der Bühne immer mehr häuften. Die Reaktionen am Ende waren verdient. Beifallsstürme und zusätzlich geforderte Verbeugungen der Schauspieler.