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Eine Airline nur für Dresden

Gelb ist die Hoffnung: Yellowair soll europäische Metropolen anfliegen. Alles nur Spinnerei? 

Von Sandro Rahrisch
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Mit kleinen Flugzeugen will Yellowair ihr Glück in Dresden versuchen. Die gecharterten Maschinen sollen aber den eigenen Anstrich bekommen.
Mit kleinen Flugzeugen will Yellowair ihr Glück in Dresden versuchen. Die gecharterten Maschinen sollen aber den eigenen Anstrich bekommen. © PR

Was haben die Inseln Korsika, Gran Canaria und Island gemeinsam? Sie alle stehen diesen Sommer nicht im Dresdner Flugplan. Auf Dauer sei das kein Zustand, findet Tom Moche und will eine eigene Airline gründen – nur für Dresden.

Die Stadt brauche jemanden, der sie mit den großen und wichtigen europäischen Metropolen verbindet, sagt Moche. „Generell hat der Dresdner Flughafen ein sehr, sehr hohes Potenzial. Das kann man aber nur ausschöpfen, wenn man das richtige Flugzeug einsetzt.“ Große Airlines interessierten sich kaum für Dresden, da ihre Maschinen viel zu groß seien, um sie ab Klotzsche zu füllen. Und halb leere Flieger kosten mehr Geld, als sie einbringen. „Wir planen deshalb mit Flugzeugen, die nur zwischen 30 und 100 Sitzplätze haben.“

Yellowair soll die neue Airline heißen, die der 22-jährige Mediengestalter zusammen mit zwei Partnern aufziehen will. Moche kümmert sich ums Marketing. Sein zweiter Mitstreiter komme aus der Luftfahrtbranche und sei darauf spezialisiert, Airlines in die Luft zu bringen. Die Stärke des dritten Partners liege im Finanzbereich. Aber ist es wirklich eine gute Idee, eine Fluggesellschaft zu gründen? Man denke nur an die letzten Pleiten, von Air Berlin und Germania zum Beispiel. „Menschen, die das für Spinnerei halten, kann ich gut verstehen“, sagt Moche. Aber sowohl Air Berlin als auch Germania hätten sich schon lange vor der Insolvenz mit finanziellen Probleme herumgeplagt. Außerdem verstehe nicht jeder das Konzept hinter Yellowair. „Obwohl das sehr einfach ist – im Prinzip wie Flixbus, nur in der Luft.“

Denn selbst fliegen will die neue Airline überhaupt nicht. Etablierte Charterfluggesellschaften sollen stattdessen beauftragt werden. Die Dresdner übernehmen dafür den Ticketverkauf und das Marketing, tragen das wirtschaftliche Risiko und haften gegenüber den Fluggästen. Das mag zunächst einfach klingen. Ein Rechenbeispiel zeigt aber auch, wie teuer es ist, zu fliegen. So werden für einen gut gefüllten Airbus A320 mit maximal 180 Sitzen, der von Dresden nach Mallorca und zurückfliegt, schnell um die 20 000 Euro fällig. Und da sind operative Fixkosten wie das Crewtraining, die Wartung und Versicherungsbeiträge, welche die beauftragte Airline sicherlich anteilig in Rechnung stellen wird, noch nicht einbezogen.

In der Luftfahrtbranche ist das Konzept der „virtuellen Fluggesellschaft“ nicht neu. So wird zum Beispiel die spanische Billigfluggesellschaft „Level“ dazugezählt, die unter anderem ihre Muttergesellschaft Iberia für sich fliegen lässt. Doch Experten sehen auch Nachteile in dem Modell, sofern die beauftragte Airline nicht zum selben Konzern gehört: Die Möglichkeiten, bei der Fremdfirma einzugreifen, wenn dort etwas schiefläuft, ist kaum gegeben.

Wirtschaft und Wissenschaft begrüßen jede gute Idee

Für Yellowair ergibt sich jedoch auch ein entscheidender Vorteil, zumindest aus Unternehmersicht: Eine Erlaubnis des Luftfahrtbundesamtes ist bei diesem Geschäftsmodell überflüssig. Wollten die Dresdner mit eigenen Flugzeugen abheben, müssten sie zum Beispiel nachweisen, dass sie die ersten drei Monate auch komplett ohne Einnahmen den Betrieb am Laufen halten könnten. Außerdem dürfte die Behörde jederzeit die Zahlungsfähigkeit überprüfen. So aber hat nur die beauftragte Airline diese Bedingungen zu erfüllen. Eine Zustimmung des Flughafens ist nicht notwendig. Er stellt lediglich die Infrastruktur und bekommt für jeden abgefertigten Flieger Geld.

Ein erstes Ziel nennt Tom Moche schon: Venedig, die Stadt der Verliebten. „Prinzipiell konzentrieren wir uns auf Ziele, die sowohl für Touristen als auch Geschäftsreisende interessant sind. Das sind primär Städtereiseziele in Nord-, Süd- und Westeuropa.“

Bis es so weit ist, gibt es aber noch allerhand zu tun. Denn Yellowair ist bislang nur ein Name. Für die Unternehmensgründung und den Markeneintrag sammelt das Team Geld über sogenannte Crowdfunding-Portale. Dabei ruft man Menschen, die an die Idee glauben, zu Spenden auf. Reichen wird das nicht. „Wann wir starten, hängt auch davon ab, welche Investoren wir wann an Land ziehen können“, so Moche. „Diese brauchen wir, um Kapital für die Betriebsaufnahme zu haben.“

Jede Idee, die dem Dresdner Flughafen hilft, sei gut, kommentiert Top-Forscher Gerhard Fettweis den Plan des Trios. Gerade für Ostsachsen sei der Airport lebensnotwendig. Fettweis hatte sich 2014 der Initiative „Sachsen pro Flughafen“ angeschlossen, die von der Landesregierung die volle Unterstützung einfordert, dass der Klotzscher Airport am Leben und lebendig bleibt. Für Wirtschaft und Wissenschaft, für Kongresse, Messen, Touristen und Fachkräfte rücke Ostsachsen aus der Welt, sollte das Angebot weiter ausgedünnt werden, befürchtet die Initiative. Bevor Yellowair abheben wird, versucht der Dresdner Flughafen erst einmal, mit anderen Airlines die Löcher zu stopfen, die Germania hinterlassen hat. So werden ab November wieder Flüge auf die Kanarischen Inseln angeboten. Gran Canaria und Fuerteventura stehen dann wieder im Flugplan. Die Strecken übernimmt die Fluggesellschaft Sundair. Außerdem hat Laudamotion angekündigt, auch im Winter von Dresden nach Mallorca zu fliegen.