Von Melanie Ermscher
Landkreis. Die eine Hand an der Pfeife, die andere an der gelben Karte und mit einem Bein schon in Ungnade bei den Fans: „Schiri, Telefon“, die uncharmante Aufforderung den Platz am besten gleich zu verlassen. Bösartiger noch die Sprechchöre: „Wir wissen, wo du wohnst“. Die Männer in Schwarz haben’s nicht leicht. Schon gar nicht in den vergangenen Wochen, in denen die Wettaffäre um Schiedsrichter Robert Hoyzer immer weitere Kreise zu ziehen scheint.
„Die Nerven werden bei Fans und Spielern bei den nächsten Spielen blank liegen“, vermutet Ulf Brähler, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im Landkreis Kamenz. Das Oberhaupt der Schiedsrichtergilde im Kreis pfeift selbst Spiele der Bezirksklasse, als Assistent ist er bei solchen der Bezirks- und Landesliga dabei. Auch am vergangenen Wochenende war er auf dem Platz im Einsatz.
„Das Schiedsrichterkollegium kommt erst in 14 Tagen zusammen, dann werden wir aber sicher darüber reden.“ Brähler hält es jedoch eher für unwahrscheinlich, dass auch in den unteren Ligen der Region Bestechungen von Spielern oder Schiedsrichtern stattfinden. „Wir machen das als Hobby und sehen den Fußball in der Regional-, ersten und zweiten Bundesliga als eine andere Welt an.“ Er und seine Kollegen erhielten pro Spiel lediglich Aufwandsentschädigungen zwischen 13 und 40 Euro.
Fingerspitzengefühl gefragt
Für die kommenden Spiele hat sich der Referee vorgenommen, eventuellen Anfeindungen von Spielern oder Zuschauern mit besonderem Fingerspitzengefühl zu begegnen: „Bei persönlicher Kritik werde ich das Gespräch suchen und es vielleicht eher bei einer Ermahnung belassen.“ Aber Brähler ist nicht nur Regelwächter sondern auch selbst Anhänger: „Ich hoffe, dass es ein Einzelfall war. Wenn man Fan ist, bricht sonst eine Welt zusammen. Ich möchte gar nicht daran denken, was dann wäre.“ Zumal sein Fußballerherz für Dynamo Dresden schlägt: „Ich finde das sehr schade und hoffe, dass die Sache schnell aufgeklärt wird.“
Den gleichen Wunsch hat auch Uwe Hempel, Präsident des Kamenzer Fußball-Kreisverbandes. Er warnt aber zu gleich: „Das Hauptproblem ist doch, dass das Essen schon verkauft wird, aber noch gar nicht fertig ist.“ Einige Verdachtsmomente würden momentan als gegeben hingenommen, Leute namentlich genannt, deren Schuld noch gar nicht bewiesen sei. „Die Unschuldsvermutung stimmt nicht mehr. Das bringt einen Sportler in Rage.“ Für den Landkreis Kamenz wittert er aus der Affäre keine Gefahr. Erstens: „Der Sinn der Manipulation ist nicht gegeben. Es geht nicht um genug Geld.“ Und zweitens: „Offiziell wird erst ab der Regionalliga gewettet.“ Diese ist ein Zwischending von Amateur- und Profi-Fußball und steht in der Rangfolge nach den ersten beiden Bundesligen. Im Kreis relevant seien jedoch die Ligen darunter.
Fehlentscheidungen passieren
Außerdem glaubt Hempel: „Der DFB (Deutscher Fußball Bund) ist nicht der Amateurfußball. Dort geht es um Arbeitsplätze und gelten andere Regeln. Das ist was ganz anderes.“ Die einzige Konsequenz, die er sich für den Regionalfußball vorstellen könne sei die, „dass mögliche Fehlentscheidungen kritischer gesehen werden könnten“. Denn dass es keine Manipulationen im Fußball gäbe, schließe ja nicht aus, dass es gute und schlechte Schiedsrichter gäbe. Fehlentscheidungen könnten eben passieren.