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Eine Chance für Drogensüchtige

Sachsen braucht therapeutische Einrichtungen für Suchtkranke. Für Jugendliche könnte eventuell eine in Olbersdorf entstehen.

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Von Holger Gutte

Andreas Kraut kann im nächsten Jahr wieder nach Hause. Zumindest ist das sein großes Ziel. Der 54-Jährige ist nun vier Jahre trocken. Nach zwei Jahren Klinikaufenthalt und Therapie in Leipzig lebt er jetzt zwei Jahre in der sozialtherapeutischen Einrichtung des Vereins „come back“ im Wohnheim auf der Marschnerstraße in Zittau. „Ich bin freiwillig hier, weil ich wieder auf eigenen Füßen stehen will“, sagt der Heidenauer. Nach einen Schlaganfall ist das für ihn allerdings noch etwas komplizierter als bei anderen Alkoholabhängigen, die raus aus dem Suchtkreis kommen wollen. So wie ihm könnte in der Umgebung von Zittau vielleicht auch bald jungen Drogenabhängigen geholfen werden. Bisher gibt es für sie in Sachsen keine Einrichtung, die speziell für ihr Suchtproblem und ihr Alter zugeschnitten ist. Das soll sich ändern. Das der Bedarf an Behandlungsangeboten hierfür da und notwendig ist, haben das Sächsische Sozialministerium und die Landesstelle gegen Suchtgefahren längst festgestellt. Um die Lücke zu schließen, will der Freistaat in den nächsten zwei Jahren vier Millionen Euro bereitstellen.

Im Gespräch sind eine Einrichtung bei Leipzig und eine in Olbersdorf. Die Landesstelle möchte dabei die über 20-jährige Erfahrung des „come back“ bei der Suchtkrankenhilfe nutzen. Der Verein wäre zum Aufbau einer solchen Einrichtung in der Lage, bestätigt dessen Leiter, Frank Ufer. Mit 90 vollstationären Plätzen und weiteren 30 im betreuten Wohnen kümmert sich „come back“ derzeit um ehemalige Alkoholsüchtige, die trocken bleiben und wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden wollen.

Genau das fehlt für Jugendliche, die drauf und dran sind, ihr Leben mit synthetischen Drogen wie Crystal, Heroin und ähnlichen Rauschgiften zu zerstören. Auch im Kreis Görlitz nimmt dieser Drogenmissbrauch zu. „Wir hätten in Olbersdorf die Chance, ein geeignetes Grundstück für so eine betreute Wohnanlage zu erwerben“, sagt er. Weil „come back“ so ein Projekt nur im Einvernehmen mit der Gemeinde machen will, sucht der Verein schon in der Vorplanungsphase das Gespräch mit den Gemeinderäten. „Bei den 20- bis 26-Jährigen hat der Mehrfachgebrauch von Drogen deutlich zugenommen“, so Ufer auf der jüngsten Ratssitzung. Die Krankheitsbilder zeigen, dass die Süchtigen immer jünger werden. Um ihnen zu helfen, ist eine langfristige Begleitung notwendig. Das können Kliniken nicht leisten.

Noch ist nicht sicher, ob „come back“ in Olbersdorf so eine sozialtherapeutisch betreute Wohnanlage baut. Dafür müsste das auserwählte Grundstück erworben und der Verein auch den Zuschlag vom Freistaat für das Projekt erhalten. Käme es dazu, ist eine Einrichtung mit bis zu maximal 26 Plätzen vorgesehen. Die sind für junge Erwachsene bis zu 30 Jahren bestimmt, die einen Entzug hinter sich haben, clean sind, und sich freiwillig für eine weitere Therapie entschieden haben. „Die Einrichtung ist starken Kontrollen unterworfen. Hier gibt es keine Drogen“, sagt Ufer. Er kann sich vorstellen, welche Befürchtungen im Ort aufkommen. Deshalb sucht „come back“ von Beginn an das Gespräch mit den Bürgern. „Hierher kommen nicht die, die sich zudröhnen, sondern nur die, die sich freiwillig therapieren lassen.“

Es ist wichtig, dass die Bewohner des Hauses sich in der Gemeinde nicht weggeschlossen, sondern dazugehörend fühlen. So könnten sie, ähnlich wie in Zittau bei den Alkoholkranken, Arbeiten im Ort durchführen, Spielzeug für Kitas reparieren und Ähnliches. In Zittau wird das bereits erfolgreich gemacht. Obwohl die Einrichtung mitten in der Stadt liegt, gab es noch nie Beschwerden, versichert Ufer.

Bis zu drei Jahren dauert ein Therapieaufenthalt. In dieser Zeit sollen die Jugendlichen fit für eine schulische oder berufliche Ausbildung gemacht werden. Nicht alle schaffen das, weil gerade Crystal schwere körperliche und geistige Schäden anrichtet. Wer rückfällig wird, wird sofort wieder in seinen Heimatort geschickt, versichert der come-back-Leiter.

Der Landkreis unterstützt das Projekt. Der Planer für Jugend- und Sozialarbeit, Matthias Reuter, hebt die Fachkompetenz von come back hervor. Der Kreis sieht die geplante Einrichtung als Baustein im Komplex zum Bewältigen von Suchtproblemen. Reuter verweist auf die gute Vernetzung des Vereins auf Landesebene auf diesem Gebiet. Sollte „come back“ ein geeignetes Grundstück kaufen und es auch den Zuschlag für das Projekt erhalten, finanziert die Einrichtung der Kommunale Sozialverband Sachsen. Da die Anlage sieben Tage in der Woche zwölf Stunden mit Fachpersonal besetzt ist, entstehen etwa 15 Arbeitsplätze. Bei etwa 3 300 Personen zwischen 18 und 35 Jahren ist in Sachsen Drogensucht diagnostiziert worden. „Wir sollten auch ihnen eine Chance geben“, sagt Ufer.