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Eine halbe Million Euro Schaden

Nach dem Feuer in Großenhain wird das Ausmaß des Brandes sichtbar. Und eine Versicherung existiert nicht.

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Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Jochen Dreetz hat nicht lange gezögert. Nachdem ihm Marion Kuhl von der Großenhainer Stadtverwaltung am Montagmittag telefonisch mitgeteilt hat, dass sein Grundstück am Wochenende ein Opfer der Flammen geworden ist, sei er sofort losgefahren. Zweieinhalb Stunden hat der Architekt aus Kaiserpfalz in Sachsen-Anhalt gebraucht. Dann steht er endlich vor dem 5 600 Quadratmeter großen Areal.

Vor gut zehn Jahren hat es der 59-Jährige für einen nach eigenem Bekunden günstigen Preis von Michael Kilian – Betreiber der ehemaligen Sachsenflug GmbH – gekauft. Viel Bauschutt habe damals schon in den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden gelegen. Brennbares Material sei jedoch nicht darunter gewesen, versichert Dreetz. Gebrannt hat es ab Sonnabendnachmittag dann aber doch reichlich. Und zwar nachhaltig.

Obgleich Jochen Dreetz die schwarze Rauchsäule nicht mit eigenen Augen gesehen hat, er nicht miterlebte, wie 60 Feuerwehrleute bis zum Sonntagmittag bei tropischer Hitze gegen die Flammen kämpften – er kann es sich vorstellen. „Ich bin jetzt zwar äußerlich relativ gefasst. Aber wenn ich das hier alles so vor mir sehe, bekomme ich Gänsehaut“, bekennt der im heimatlichen Burgenlandkreis sehr engagierte Grünenpolitiker.

Erschüttert über das Ausmaß

Erschüttert sei er über das ganze Ausmaß des Brandes und die Tatsache, dass von den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden nicht mehr viel übrig ist. Teilweise schwarz, rußverschmiert oder zusammengefallen stehen sie da. Rund 2 000 Quadratmeter, so überschlägt der Inhaber einer Hausverwaltung im Kopf, werden wohl durch das Feuer zerstört worden sein. „Auch wenn ich das Grundstück damals günstig bekommen habe, der Schaden ist natürlich groß. Gut eine halbe Million Euro können Sie da getrost ansetzen“, sagt Jochen Dreetz und schüttelt beinah ungläubig den Kopf.

Dem Ruf eines Architekten mit Hang zum Ruinösen gerecht werdend, habe er seinerzeit die Großenhainer Fläche erworben. Einen Handel mit Oldtimern nebst Werkstatt und originalgetreuen Bauelementen schwebte ihm darauf vor. „Deshalb habe ich anfangs auch intensiv nach Interessenten gesucht und tatsächlich zwei gefunden. Leider hat sich das Projekt bei ihnen dann zerschlagen und das Grundstück stand über die Jahre hinweg leer.“

Eine Leere, die offenbar schnell ausgefüllt wurde. Bei jedem seiner regelmäßigen Besuche in Großenhain, so Jochen Dreetz, findet sich im Grundstück anderer Müll. Mal sind es herausgerissene Fußbodenbeläge oder alte Fernseher. Dann wieder Kinderlaufställe, Abfall und Bauschutt. Nach jeder Entdeckung habe er bei der Polizei eine Strafanzeige wegen illegaler Müllentsorgung gegen unbekannt gestellt. Auch am Sonntag, dem 17. Mai, sei er extra im Revier vorstellig gewesen. Ein Teil der nicht am Wochenende abgebrannten Garage, sei bei seiner Ankunft aufgebrochen und plötzlich voller Schutt gewesen. „Im anderen, verbrannten Bereich lagen damals Teppichbodenreste. An Reifen oder ähnlich leicht entflammbaren Materialien kann ich mich aber nicht erinnern“, erklärt Jochen Dreetz. Als fachkundiger Diplomingenieur für Städtebau mache er sich natürlich von Berufswegen Gedanken, was der Grund für die starke Rauchentwicklung und das Feuer überhaupt gewesen sein könnte. Klar, die Dachpappe und der in früheren Zeiten immer mal wieder aufgebrachte Teer hätten den Flammen sicher beste Nahrung geboten.

Spekulationen, mit denen sich die Brandermittler der Polizeidirektion Dresden nicht zufriedengeben. Sie schlossen mittlerweile einen technischen Defekt aus und plädieren auf fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung. Die Ermittlungen laufen – und die Gerüchteküche in Großenhain hat längst angefangen, zu köcheln. Am Sonnabend sei jemand im Areal gesehen worden, heißt es. Motorisiert. Hat dieser jemand gar etwas mit dem verheerenden Brand zu tun?

Jochen Dreetz hofft, dass sich die Umstände, wie es zum Ausbruch des Feuers gekommen ist, vielleicht doch noch aufklären. An der Tatsache, dass er sich jetzt als Eigentümer um die Absicherung des arg in Mitleidenschaft geratenen Grundstückes kümmern muss, wird sich indes nichts ändern. Auch nicht daran, dass das Areal und die darauf befindlichen Gebäude aufgrund ihres maroden Zustandes nicht gegen einen Brand versichert waren. „Es wird mich jetzt zwar nicht umbringen. Aber alle anfallenden Kosten muss ich nun aus der eigenen Tasche zahlen.“