Von Marleen Hollenbach
Bautzen. Die Flyer sind verteilt, die großen Schautafeln erstellt. Das Fortbildungsunternehmen Donner und Partner hat alle Vorbereitungen für das neue Projekt getroffen. Das Wichtigste aber fehlt noch: die jungen Leute aus dem Landkreis, die das Programm mit Leben füllen. „Wir starten Anfang November“, erklärt Christina Das Gupta, Chefin der Geschäftsstelle in Bautzen. Dann beginnt für 100 junge Menschen im besten Fall ein völlig neues Leben.
Da ist zum Beispiel die 22-jährige Mandy, die mit einem kleinen Kind zu Hause sitzt. Die schon zwei Ausbildungen angefangen hat, aber nichts beenden konnte, weil sie nicht weiß, wer auf ihr Kind aufpassen soll. Oder der 19-jährige Paul, der keinen Schulabschluss hat, dafür aber eine Menge Erfahrung mit Drogen. Der es nie gelernt hat, pünktlich zu sein. Zwei junge Menschen mit unterschiedlichen Schicksalen, die eines vereint. Sie haben keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Ohne Unterstützung werden sie wohl noch lange von Sozialhilfe leben müssen. Genau da setzt das Projekt „RegioInteg“ an. Ziel ist es, jungen Erwachsenen einen Zugang zum Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt zu eröffnen, sie an die Hand zu nehmen, ihnen eine Perspektive für ihre Zukunft zu bieten. Und Donner und Partner stemmt diese Aufgabe nicht allein. Für die drei Projektjahre hat sich das Fortbildungsunternehmen die Anerkannte Schulgesellschaft Sachsen und das Berufsbildungszentrum Bautzen mit ins Boot geholt. Finanziert wird das Programm mit Fördermitteln des Bundes.
Lernen, pünktlich zu sein
Die Idee ist nicht neu. Projekte, die jungen Leuten helfen sollen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, gibt es viele. Doch das Programm, das jetzt im Landkreis startet, holt den Jugendlichen dort ab, wo er gerade ist. „Wir wollen den jungen Leuten nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch nach Ursachen suchen, warum sie Probleme haben“, erklärt Christina Das Gupta. Das heißt, die Mitarbeiter sorgen erst einmal dafür, dass der Jugendliche eine geregelte Tagesstruktur hat. Wenn er zu Terminen nicht erscheint, schauen die Mitarbeiter nach, wo er abgeblieben ist, besuchen Familie, Freunde oder den Jugendklub, um die Gründe für sein Wegbleiben herauszubekommen. Zwölf Wochen sind dafür eingeplant. Eine Zeit, in der die Teilnehmer lernen, regelmäßig zu erscheinen. Es geht dabei um Ordnung, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Ist das geschafft, darf der Teilnehmer arbeiten gehen. Nicht bei einem Unternehmen, sondern in den Werkstätten der Projektpartner in Bautzen. Die Jugendlichen entscheiden sich dann für ein bestimmtes Berufsfeld. Angebote gibt es in den Bereichen Pflege, Handel und Logistik, Gebäudereinigung und Hauswirtschaft. Farbe und Gestaltung, Metall und Elektro. „Es geht darum, die Grundfertigkeiten zu erlernen“, erklärt Christina Das Gupta.
Danach kommt der entscheidende Teil des Projektes. Die Mitarbeiter unterstützen die Jugendlichen bei der Bewerbung, helfen ihnen dabei, einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz zu finden. „Wenn uns das gelingt, dann ist das gerade mit Hinblick auf den demografischen Wandel und den Mangel an Fachkräften in der Oberlausitz ein Gewinn für unsere Region“, erklärt die Chefin der Geschäftsstelle.
Das Projekt richtet sich auch an junge Menschen mit Migrationshintergrund. Es ist also auch ein Programm, das Flüchtlingen helfen könnte. Das hofft zumindest Anna Pietak-Malinowska, Ausländerbeauftragte des Landkreises. „Die Sprachbarriere ist ja nur ein Problem der Flüchtlinge. Wenn die Asylbewerber Deutsch gelernt haben, dann müssen sie sich erst einmal in unserem komplizierten Ausbildungssystem zurechtfinden“, sagt sie. Das Projekt könnte ihnen dabei helfen.