Von Florian Büttner
Fünf Tage drehte Filmproduzent Günther Ederer Beiträge für eine wirtschaftspolitische Reportage an Schauplätzen in der Grenzregion. Dabei sprach er mit verantwortlichen Behörden und besuchte deutsche und polnische Firmen
„In der Lausitz werden Visionen gefördert, aber dadurch entstehen keine Arbeitsplätze.“ Der das sagt heißt Günther Ederer, ist erfolgreicher Buchautor, Wirtschaftsjournalist und genießt mit seinen Mitarbeitern bei Käsekuchen und Apfelstrudel den wohlverdienten Feierabend im Görlitzer Café Freudenberg. Für Ederer zählen nur die „harten Faktoren“ wie Arbeit und Kapital. „Was nützen der Region utopische Seenprojekte, wenn die Menschen keine Arbeit in ihrer Heimat finden?“
Die Neißestadt ist für Ederer kein Neuland. Kurz nach der Wende hat er hier einen Beitrag über die Firma Deutsche Waggonbau AG – jetzt Bombardier – verfasst. Nach Dänemark, den Niederlanden und der Rheingegend passt Görlitz, als natürlich gewachsene Stadt mit langjähriger Tradition, genau in sein Drehkonzept. Außerdem war die unmittelbare Nähe zum Nachbarland Polen ausschlaggebend, sagt Ederer. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Zgorzelec und Görlitz will er untersuchen. Denn mit der baldigen Grenzöffnung, befürchtet er, „steigen vorerst die Arbeitslosenzahlen an“.
Kreishandwerksmeister Knut Scheibe teilt diese Befürchtung. Zwar rechnet er sich für seine Firma, die Schöpstal Maschinenbau GmbH, auch Chancen zur Kooperation mit dem polnischen Nachbarn aus. Viele Betriebe befürchten aber eine zusätzliche Konkurrenz. Der hohe Aufklärungs- und Informationsbedarf zu diesem Thema werde aber ignoriert, sagt Scheibe im Fernsehinterview.
Die Maxroi Graphics GmbH in Görlitz stand ebenfalls im Drehplan. Außer der professionellen Ausstattung fiel dem Filmteam die hohe Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter auf. „Trotz Arbeitsschluss nahm sich der polnische Drucker Zeit für uns, führte uns herum und erklärte die Maschinen.“
„12 Uhr ist Schluss, und wenn die Welt untergeht“
Diese Flexibilität vermisst Ederer vielerorts. Seiner Meinung nach herrscht in deutschen Amtsstuben häufig eine Mentalität, die eine hohe Arbeitslosigkeit mit verschulde und Investoren vergraule. „Um 12 Uhr ist Freitag auf den Behörden Schluss, und wenn die Welt untergeht.“ Er kritisiert die „Maßnahmeindustrie“, die Arbeitslose von einem Projekt zum nächsten schleuse. „Die Menschen haben sich an ihren Zustand gewöhnt“, sagt Ederer. So hätte die Görlitzer Firma „Schneider Logistik“ vergeblich versucht, Büglerinnen für die Produktion im Schichtbetrieb zu finden. „Schließlich wurden zwölf Polinnen eingestellt“, erzählt er. Im Nachbarland gebe es viele fleißige polnische Arbeitnehmer, die mit Freude die Dienstleistungen, die deutsche Arbeiter verweigern, übernehmen würden. Um dem Filmteam trotz der düsteren Prognosen den Aufenthalt in Görlitz zu versüßen, überreicht der Besitzer des Cafés Freudenberg jedem noch eine Praline zum Abschied.
Der Beitrag wird voraussichtlich am 9. April im Abendprogramm der ARD ausgestrahlt.