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Eine Säule fürs Dreiländereck

Bei Gleisberg trafen einst drei Bezirke aufeinander. Dort steht jetzt eine Stele, finanziert vom Klosterbezirk Altzella.

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Von Reinhard Kästner

Eine kleine Attraktion mehr gibt es für die Wanderer: Unweit der Straßenkreuzung Gleisberg-Marbach-Kummersheim erinnert eine Stele aus Sandstein an den Punkt, wo einst die Bezirke Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt zusammentrafen.

Die Idee, diesen im Volksmund „Sachsen- oder Dreiländereck“ genannten Punkt für die Leute sichtbar zu machen, hatte der Döbelner Günter Schär. „1985 haben wir vom Sportverein BSG Lok Döbeln eine Wanderung ins Gersdorfer Bergbaugebiet unternommen. Da sind wir an dieser Stelle vorbeigekommen und haben einen Grenzstein oder eine Erinnerungstafel vermisst“, erzählt Scher. Die folgenden Wanderungen, die im kommenden Jahr ihre 30. Fortsetzung finden, hießen von da an „Sachsendreier“. Als der leidenschaftliche Wanderer den Striegistaler Bürgermeister Bernd Wagner (parteilos) mit seiner Idee vertraut machte, war dieser sofort begeistert. „Es sollte aber etwas Ordentliches werden und das braucht seine Zeit“, betont Wagner. Und das waren von der Idee bis zur Realisierung 14 Monate. Zunächst kaufte die Gemeinde das Stück Land, um dort die Säule, Sitzbank und eine Informationstafel zu errichten. „Deshalb war es nicht möglich, bereits zur Frühjahrswanderung 2012 die Einweihung der Stele vorzunehmen. Denn da liefen die Vorbereitungsarbeiten noch auf vollen Touren“, so Wagner.

Da sich in dem damaligen Grenzgebiet der Klosterbezirk Altzella befindet, dessen Aufgabe die Zusammenarbeit der Gemeinde über Kreisgrenzen hinaus ist, war es naheliegend, diese Kommunen mit ins Boot zu holen. Der Förderverein Klosterbezirk Altzella übernahm die Finanzierung des Vorhabens, das rund 8 500 Euro kostete. Eine Informationstafel, deren Inhalt von dem Pappendorfer Heimatfreund Franz Schubert gestaltet wurde, gibt den Wanderfreunden Auskunft über die Geschichte in dieser Grenzregion. Für die Holzarbeiten wurde Jens-Peter Polenzky aus Marbach gewonnen, die Gestaltung nahm Uwe Mayer aus Böhrigen vor.

Die meiste Arbeit hatte der Steinmetzmeister Sven-Uwe Kampik aus Pappendorf. Er hat einen Monat lang an der dreieckigen Säule, die die damaligen Bezirke Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt darstellt, gearbeitet. „Vor allem die filigranen Wappen von Nossen, Meißen, Roßwein, Döbeln, Mittweida und Striegistal waren sehr aufwendig“, erzählt der Steinmetzmeister bei der gestrigen Einweihung.

So manches Gespräch der über 40 Gäste der Einweihung drehte sich um die vergangene Zeit. Damals waren die Grenzen zwischen den Bezirken zwar nicht sichtbar, aber doch spürbar. In der Kultur wurde das zum Beispiel im Verbot des Films „Die glorreichen Sieben“ im Bezirk Leipzig deutlich. In Roßwein war der Streifen aus dem Kino verbannt. Die Leute gingen einige Meter weiter nach Etzdorf im Bezirk Karl-Marx-Stadt, um sich diesen Western anzusehen. Bürgermeister Wagner erinnert sich daran, dass es auch später noch gravierende Unterschiede gab. „Während das Verkehrsschild ,Abbiegende Hauptstraße’ im Kreis Döbeln gang und gäbe war, mussten wir es im Striegistal überall abbauen.“ Ähnlich verhielt es sich auch mit der Beschilderung von Brücken, um die Namen der Flüsse anzuzeigen. Auch das war im Landkreis Hainichen/Mittweida unerwünscht.

Wer heute von Roßwein durch die Herrenaue nach Altzella wandert, kann sich an der Dreiländersäule mit der wechselvollen Geschichte der Region vertraut machen. Denn schon nach der Auflösung des Klosters Altzella 1540 wurden politische Verwaltungsstrukturen eingeführt, die sich im Laufe der Jahrhunderte mehrfach geändert haben. „Der historische Grenzpunkt erinnert uns daran, dass auch die vor uns lebenden Generationen immer versucht haben, die Verwaltung des Landes bis in die unterste Ebene effektiv zu gestalten“, heißt es deshalb auf der Informationstafel.