Herr Deutschmann, wie haben Sie das Flutwochenende erlebt?
Ich war am Sonnabend in Bautzen, um eine Veranstaltung des Festes der Sorbischen Poesie zu besuchen. Es hatte den ganze Tag geregnet, und als sich Besucher entschuldigten, weil Hochwasser drohte, sind wir an die Friedensbrücke gegangen. Das war gegen 22.30 Uhr, und unten trieben schon Biertischgarnituren durchs Wasser und einige Autos standen bis zum Fenster im Fluss. Da ahnte ich, dass es kompliziert werden würde.
Sind Sie als Bundestagsabgeordneter in ein Alarmierungssystem einbezogen?
Nein, das ist auch nicht notwendig. Vor allem die kommunalen Institutionen müssen rechtzeitig Bescheid bekommen. Wie mir die Bürgermeister an der Spree versicherten, habe dies im Grunde geklappt. Die Feuerwehren und Helfer waren rechtzeitig informiert, hatten aber mit der Wucht des Wasser so auch nicht gerechnet. Das hat es halt seit Jahrzehnten oder gar noch länger nicht mehr gegeben.
Wie ist die Lage vor Ort?
Wirklich erschreckend. Ich war bei Bombardier, habe aber auch kleinere Unternehmen gesehen. Viele müssen mit längeren Produktionsausfällen rechnen, sie haben jetzt höhere Ausgaben und keine Einnahmen. Auch zahlreiche private Grundstücksbesitzer stehen vor den Trümmern ihrer Häuser.
Wie sollte die Hilfe aussehen? Der Freistaat hat ja ein zinsverbilligtes Kreditprogramm aufgelegt ...
Das wird nicht reichen. Es hilft vielleicht zur Überbrückung erster Vorhaben, bis die Versicherung für die Schäden eintritt. Viele Anrainer der Spree und ihrer Zuflüsse haben gar keine Elementarversicherung, weil die ihnen nach der Fluterfahrung von 2002 gekündigt worden ist. Sie stehen praktisch vor dem Nichts. Der Staat sollte wirksam werden, auch im Hinblick auf die Regelung bei der Elementarversicherung.
Ein liberaler Politiker ruft nach dem Staat?
Hilfe zur Selbsthilfe ist eine elementare liberale Grundforderung. Im übrigen geht es auch um die Gleichbehandlung in den Flutgebieten. Wieso sollte einem möglichen Flutopfer der Versicherungsschutz vorenthalten werden dürfen? Hier sehe ich dringenden Reglementierungsbedarf.
Wie kann den Flutopfern an der Spree geholfen werden?
Ich glaube, dass Freistaat und Bund genau wie 2002 schnell ein Soforthilfeprogramm auflegen müssen. Damals haben alle, deren Wohnungen in Mitleidenschaft gezogen wurden, einen Direkthilfebetrag erhalten. Ich habe mit Betroffenen gesprochen, die aus dem gerade sanierten Haus ausziehen müssen und mir sagten: „Das hat sich für uns erledigt.“ Bei manchen Grundstücken ist auf der gesamten Länge die Uferbefestigungen komplett weggerissen worden ...
... für deren Erhalt allein der Grundstückseigentümer zuständig ist.
Genau das kann nicht sein. Wieso soll eine Privatperson allein für diesen Teil des Hochwasserschutzes aufkommen? Das ist eine Aufgabe der Allgemeinheit, die deswegen auch für den Erhalt oder den Neubau mit ins Boot gehört. Dafür werde ich mich einsetzen.
Was könnten wir in Kamenz oder Umgebung tun?
Im Oberland werden viele Hände zum Aufräumen gebraucht. Aber es fehlt auch an Technik. Betriebe, die Trockengeräte haben, sollten diese kurzfristig verleihen, vielleicht sogar kostenlos – als spontane Fluthilfe. Viele Erdgeschosse sind derzeit unbewohnbar. Trocknung tut Not.
Gespräch: Frank Oehl