Von Gabriel Wandt
Vom alten Polizeigebäude an der Clara-Zetkin-Straße sind nur noch Reste übrig. Seit zwei Wochen sind dort die Bagger beschäftigt. Die Trauer im Polizeirevier Löbau hält sich jedoch in Grenzen. Zu lange war an dem Bau nichts mehr gemacht worden. „Im Keller stieg die Nässe auf, außerdem blühte der Salpeter“, erinnert sich Dieter Klank, Innendienstmitarbeiter im Revier.
Seine Kollegen haben bereits vor knapp 20 Jahren den Revierneubau in direkter Nachbarschaft bezogen. Danach nutzte die Kriminalpolizei eine Zeitlang die alten Räume. Zuletzt fungierte der Altbau nur noch als Lagerstätte, unter anderem für Asservaten des Reviers.
Dabei hat das Gebäude eine lange, wechselvolle Geschichte hinter sich. Vor rund hundert Jahren beherbergte es eine Brauerei. „Feldschlösschen“ stand auf den Etiketten der Flaschen, die dort abgefüllt wurden. Später produzierte dort Krucks Malz- und Mineralwasserfabrik.
Detailliertes über die Geschichte des Hauses zu finden erscheint schwierig. „Da müsste man mal eine Forschung ansetzen“, sagt Stadtarchivar Jürgen Görner. „Auch weil es dazu so wenige Spuren gibt, habe ich mich noch kaum damit beschäftigt“, räumt er ein. In verschiedenen Unterlagen tauchen Brauerei und Gaststätte „Feldschlösschen“ dennoch auf.
Jürgen Görner bezweifelt, dass das Gebäude als Brauerei erbaut worden ist. Wahrscheinlicher scheint eine erste Nutzung als Unternehmerhaus. Als im Zuge der Industrialisierung die Löbauer Neustadt um 1880 besiedelt wurde, hat es laut Bebauungsplan von 1878 das Gebäude bereits gegeben. Damals gehörte es dem Ziegeleiunternehmer Alwin Hofmann. Zur Brauerei gehörte auch eine Gaststätte an der Weißenberger Brücke. Das heutige Hotel „Stadt Löbau“ ist auf einer undatierten Aufnahme mit der Aufschrift „Restauration Feldschlösschen“ in einer Ausgabe des Löbauer Journals abgebildet.
1914 kaufte Eugen Kruck die Brauerei und eröffnete eine Malzfabrik, die auch alkoholfreie Getränke herstellte. Kruck gab seine Fabrik 1938 wiederum an den Kittlitzer Textilproduzenten Martin Hardebrodt ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Volkspolizeikreisamt in der ehemaligen Brauerei untergebracht. Vorher hatte es in Löbau kein Polizeiamt gegeben. Lediglich einige Gendarmen waren bis 1945 im Rathaus stationiert.
Schon bald wurde ein Anbau nötig. Davon berichtet eine Urkunde vom 21. September 1954, die damals in einer Flasche verwahrt worden war und vor Kurzem bei den Abrissarbeiten gefunden wurde. Volkspolizei-Oberkommissar Horst Krause hatte sich für einen Garagenneubau eingesetzt, „trotz Materialschwierigkeiten“, wie es in der Urkunde heißt und „um das uns anvertraute Volkseigentum pfleglich zu behandeln.“ Trotz dieser Vorsätze hat es an dem Haus über lange Zeit kaum Modernisierungsmaßnahmen gegeben.
1983 wurde der Bau eines neuen Polizeigebäudes beschlossen, in den das Kreisamt 1987 einzog. Doch auch dieser Neubau ist nicht ohne Tücken. Der Untergrund ist sandig, „und das macht sich auch hier im Haus bemerkbar“, erzählt Innendienstler Dieter Klank. Sanierungen scheinen derzeit allerdings nicht in Sicht.
Unklar ist auch, was nun mit dem freiwerdenden Gelände passiert. Das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) in Bautzen ist mit dem Abriss beauftragt. Ob es zu einem Revierneubau oder einer Sanierung des bestehenden Gebäudes kommen wird, ist nach Aussage von Hans-Jürgen Dittmann vom SIB offen.