Von Jörg Stock
Die Attrappen-Giraffe macht einen langen Hals, aber viel zu sehen gibt’s auf dem Saal vom Harthaer Erbgericht nicht mehr. Das „Larifari auf der Safari“, mit dem die örtlichen Narren durch die Faschingssaison jagten, ist aus. Die Mädels von der Funkengarde sind trotzdem bester Laune. Denn seit ein paar Tagen dürfen sie sich Sachsenmeister im karnevalistischen Schautanz nennen.
Die Kür passierte vergangenen Sonntag in Mittweida. Da hatte der Verband Sächsischer Carneval zum Turnier gerufen. Die Harthaer packten – wie in den Vorjahren auch – ihre Sachen und verpflichteten den „Fanblock“ aus Vereinsmitgliedern, Freunden und Eltern. Und dann, ja dann standen sie tatsächlich zum ersten Mal auf dem obersten Treppchen, die hartnäckigen Rivalen unter sich.
„Als wir wussten, dass wir Erster werden, sind wir in Tränen ausgebrochen“, berichtet die Siegertruppe. Ihre mitgereiste Männerschaft hingegen wunderte sich schelmisch. „Die haben gefragt, warum wir uns nicht freuen.“ Gelächter gluckst übers kahle Saalparkett.
Die Mädels waren überwältigt von ihrem Erfolg. Trotzdem muss der Sieg irgendwie in der Luft gelegen haben. Schon im letzten Jahr wurde die Harthaer Funkengarde Vizemeister. Und im Jahr davor ebenfalls. Und noch ein Jahr früher reichte es immerhin schon für den Bronzerang.
Beim Turnier-Debüt vor fünf Jahren war die Tanztruppe allerdings noch weit entfernt von einem Treppchenplatz. „Das Ergebnis war mies, irgendwo im hinteren Drittel“, sagt Mandy Hammer. Tanz-Kollegin Cathleen Döhnert weiß auch, warum: „Wir hatten keine Ahnung, was da von uns erwartet wurde“, sagt sie. Ein guter Tanz reichte der Jury nämlich nicht. Showeffekte mussten sein, und ein bisschen Schauspielerei. „Die wollten da ein kleines Theaterstück sehen.“
Mandy Hammer, die als Fitnesstrainerin arbeitet, nahm bald danach zusammen mit Jana Ebert die choreographischen Fäden in die Hand. Das Duo feilte bereits kurz nach Aschermittwoch immer schon an neuen Tanznummern. In zahllosen Übungsstunden auf dem Erbgerichtsparkett wurden die Ideen mit der Hauptmacht der Garde umgesetzt – und das meisterhaft, wie man nun weiß.
Die Mittweidaer Siegernummer der Harthaer Funken war eine Zeitreise. Unter dem Motto „Tänze des 20. Jahrhunderts“ starteten die Mädels mit dem Charleston der zwanziger Jahre. Dann ging’s weiter zum Rock ’n’ Roll der Fünfziger und zum Disco-Fieber der Achtziger. Selbst den irischen „Riverdance“ ließen die Gardistinnen nicht aus. Zum Schluss gab’s noch aktuellen britischen Pop von Robby Williams: „Let me entertain you“ – lass dich unterhalten. Die Juroren taten’s und vergaben reichlich Punkte.
„Tänze haben den Leuten schon immer Spaß bereitet“, sagt Mandy Hammer zum roten Faden des Programms. Spaß, das ist auch der Kitt der Funkengarde. Doch auftreten, tanzen, Beifall einheimsen – das sind nur die raren Sahnehäubchen. Die unzähligen Trainingseinheiten, manchmal drei, vier Mal pro Woche, gehören genauso dazu wie Saal dekorieren oder Besen schwingen.
Nachwuchs, der sich das zutraut, wird in Kurort Hartha dringend gesucht, bislang jedoch erfolglos. Selbst Aushänge in Schulen und Jugendclubs brachten nichts. Mandy Hammer weiß, dass ihre Truppe nicht ewig auf neue Leute verzichten kann. „Irgendwann muss mal frischer Wind rein“, sagt sie. Spätestens dann, wenn die „alte Garde“ mit dem Familienleben neue Aufgaben zu meistern hat.