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Einen Fitnessraum im Haus braucht er nicht

Porträt. Der Vorsitzende des Turnvereins inLangebrück, Heinz Riedel, schaltet nach 35 Jahreneinen Gang zurück.

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Von Iris Schmidt

Langebrück. Ein Sportler kennt keinen Schmerz. Weder beim Training noch beim Abschied. Da ist man hart gegen sich und andere. Was sein muss, das muss eben sein, sagt sich Heinz Riedel. Deshalb trat er jetzt als Chef vom Turnverein Langebrück zurück.

Der drahtige Mann ist schon jenseits der 70, hat zwei Kinder, zwei Enkel und zwei Urenkel. „Es war nun Zeit, den Staffelstab weiterzugeben“, ist sich der studierte Sportlehrer im Ruhestand, der sein Diplom an der DHFK in Leipzig gemacht hat, sicher. Dem Verein in der Dresdner Ortschaft stand er 35 Jahre vor und ist nun aus eigenem Entschluss gegangen. „Wir waren ein Dreigestirn, und uns auch in dieser Frage einig“, sagt er über seine Mitstreiter Helmut Scheumann und Manfred Richter. Sie wollen „dem Mittelalter nicht im Weg stehen“, so Riedel. Darauf haben sie sich etwa ein Jahr vorbereitet, denn den Verein kann man nicht Knall und Fall im Stich lassen.

Das hatte auch den Vorteil, dass man sich langfristig auf die neue Situation einstellen kann. Nun stehen die drei Turner dem neuen Vorstand beratend zu Seite, vielleicht manchmal als Mentor. Es gibt schließlich viel zu bedenken: Z. b. wie man neue Mitglieder gewinnt oder Fördermittel beantragt. Da geben sie ihr Know-how uneigennützig weiter. Die Neuen brauchen nicht bei Null anfangen und sich alles mühsam erarbeiten. Das wollen die drei Oldies den Jungen ersparen, denn schließlich ist einer der neuen Stellvertreter in der großen Langebrücker Sportler-Riege der Junior vom Heinz. Auch einer seiner beiden Enkel macht mit. Darauf ist der Turner, der sich seit 56 Jahren an den sechs Geräten aus Holz und Stahl abrackert, besonders stolz. Er konnte die eigene Familie für den Sport begeistern. Als ganz junger Mann hat er nach dem Zweiten Weltkrieg losgelegt und sich austrainiert. „Damals gab es auch nicht so viele Ablenkungen, wie aus der Unterhaltungsindustrie jetzt. Wir haben eben Sport getrieben, nicht vor dem Fernseher gesessen. Und wir sind dabeigeblieben“, sagt Heinz Riedel rückblickend. Auch heute beherrscht er die perfekte Haltung noch, wenn es um den Felgaufschwung oder den Handstand geht. Er ist ein wirklich guter Sportler, nicht nur ein Organisationstalent. Einmal war er in seiner Altersgruppe sogar Sechster bei einer DDR-Meisterschaft. Ehrgeizig ist er schon, gesteht Riedel. Schließlich zeigt sich im Wettstreit, ob man auf dem richtigen Weg ist, oder nicht. Heinz Riedel kramt in Erinnerungen. Das war schon nicht schlecht, als er mit Sebastian, Tino und Ludwig in Annaberg-Buchholz den fünften Platz in einer „Sachsen-Besten-Ermittlung als Mannschaft“ mitgemacht hat, damals 2003. Leider ist gerade bei den Jungs eine kleine Flaute eingetreten, das Interesse für das Turnen scheint abzuflauen. „Dabei macht das so viel Spaß“, sagt Heinz Riedel. In den vielen Jahren hat er sich mit allen Geräten angefreundet, dem Pauschenpferd, dem Pferdsprung, dem Barren, dem Boden, dem Reck und den Ringen. Aber nicht nur der Wettkampf macht den Spaß aus, den er beim Turnen im Verein hat. Auch die gesellige Seite mit der Familie gemeinsam, weiß er zu schätzen. Nun hat er das Zepter an Kerstin Jakob übergeben. Sie ist in Großröhrsdorf Sportlehrerin. Ein bisschen Wehmut schwingt mit, aber Turner sind ja hart im Nehmen und kennen keinen Schmerz.