Von Thomas Möckel
Vor ihnen lag eine Fahrt von etwa 24 Stunden, meist im Bus, ein wenig auf der Fähre, ein Wechsel von rechts nach links, rund 1 600 Kilometer lang würde die Reise sein. So weit ist es von Sebnitz ins Vereinigte Königreich.
Das Ziel der Reisenden ist die „The co-operative academy of Manchester“ in England, eine Schule in der Stadt mit der berühmten Fußballmannschaft, in der Bildungsstätte lernen vor allem sozial benachteiligte Kinder. Um den Schülern etwas Besonderes zu bieten, fördert sie vor allem Musikprojekte, es gibt beispielsweise eine Big Band sowie eine Samba-Band.
Anfänglich nur über die musikalische Schiene, pflegt die Sebnitzer Mittelschule „Am Knöchel“ seit geraumer Zeit eine sehr intensive Partnerschaft zu ihrem englischen Pendant. 2011 waren die englischen Schüler hier, man traf sich im Kinder- und Erholungszentrum „KiEZ“ an der Grenzbaude, die Schüler musizierten gemeinsam. Dabei entstand auch der Wunsch für einen Gegenbesuch.
Erstmals im großen Tross reisten nun 38 Schüler der fünften bis neunten Klassen sowie drei Lehrer aus Sebnitz auf die Insel jenseits des Ärmelkanals, es bewarben sich genauso viele, wie es Plätze gab, vorrangig fuhren die mit, die im Chor singen. Auch in England wollte man gemeinsam den Kehlen und Instrumenten Töne entlocken.
Schulleiter Jörg Hubert und den Schülern ist die Partnerschaft immens wichtig, es ist gut, wenn sich die Schule für internationale Kontakte öffnet, es ist gut für das Bild der Schule in der Öffentlichkeit. Die Beziehung soll weiter ausgebaut und gefestigt werden. „Für viele Eltern ist das ein wichtiger Aspekt bei der Wahl der richtigen Schule für ihre Kinder“, sagt Hubert.
Die Partnerschaft ist allerdings kein schulisches Eigengewächs, sie entspringt eher einem Export-Import-Geschäft: Die frühere Mittelschule Langburkersdorf hatte sich einst beim Regionalschulamt um eine Partnerschaft zu einer englischen Schule beworben, sie erhielt den Zuschlag, als Kontaktmänner fungierten der Englischlehrer Torsten Wagner sowie sein englisches Gegenüber Keith Fentham. Aus der Männerfreundschaft entwickelte sich ein enger Schulkontakt, nach dem Ende der Mittelschule und dem Wechsel nach Sebnitz brachte Wagner seine Beziehung einfach mit. Davon profitieren nun die hiesigen Schüler.
Der erste großangelegte, sieben Tage dauernde Gegenbesuch gipfelte in einem anderthalbstündigen Konzert vor englischem Publikum. Die Schüler studierten Lieder mit der englischen Big Band ein, der Sebnitzer Schulchor sang, ein Duo intonierte mit Block- und Querflöte Weisen von Mozart. „Es hat riesigen Spaß gemacht, es war mal was ganz anderes“, sagt die 14-jährige Schülerin Anna Maaz, die mit ihrer Querflöte auch noch drei Lieder der Big Band begleitete. Die Engländer, so schwärmt sie, seien total cool gewesen, man habe sich toll verständigen könnten, was wohl vor allem daran lag, dass die Briten in etwa im gleichen Alter waren.
Zwischenstopp in London
Neben der Kontaktpflege standen für die Sebnitzer auch mehrere Ausflüge auf dem Programm: Sie fuhren beispielsweise zum geografischen Mittelpunkt Großbritanniens, besuchten eine Kinderbuchautorin, ließen sich durch das Stadion von „Manchester United“ führen und machten auf der Heimreise einen Zwischenstopp in London. „Für die Kinder war es ein Erlebnis, an das sie sicher noch lange denken werden“, sagt Hubert. Für ihn ist es wichtig, dass die Schüler schon in jungen Jahren etwas von der Welt sehen, von anderen Ländern. Das präge erheblich die Persönlichkeit, sagt der Schulleiter, das sei gut, um die Kinder zu toleranten und weltoffenen Menschen zu erziehen.
Damit derlei Pläne auch künftig Früchte tragen, gibt es noch eine weitere Schulpartnerschaft mit der „Zaklamy Skola“ in Decin, die Schüler treffen sich regelmäßig zu Sportwettkämpfen und besuchen sich gegenseitig bei den Tagen der offenen Tür. Zudem existiert in Sebnitz eine Arbeitsgemeinschaft, deren Mitglieder regen Briefkontakt mit Schülern aus Kalifornien pflegen. Ob sie sich allerdings jemals besuchen, ist noch ungewiss.
Dafür stehen die Austauschpläne mit England schon konkreter fest: In zwei Jahren wollen die Briten wieder nach Sebnitz kommen, in vier Jahren ist dann erneut ein Gegenbesuch geplant. Und auch für all jene Sebnitzer Mittelschüler, die nicht mit zum Austausch fahren, ist die Insel nicht fern: Schon seit Jahren ist es Tradition, dass die neunten Klassen zu ihrer Abschlussfahrt nach England reisen.