SZ + Dippoldiswalde
Merken

Einmal ohne Auto durchs Müglitztal

Eine Mühlbacherin hat eine Idee, die schon viele Anhänger hat. Jetzt fehlt nur noch eins.

Von Maik Brückner
Teilen
Folgen
Viele Anwohner werden sich von daran erinnern. Fast genau vor sieben Jahren gab es ein Fahrradkorso von Lauenstein nach Heidenau.
Viele Anwohner werden sich von daran erinnern. Fast genau vor sieben Jahren gab es ein Fahrradkorso von Lauenstein nach Heidenau. © Archiv/Daniel Förster

Seit ein paar Tagen hat Bärbel Lehmann eine Idee, die ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Die Müglitztalstraße zwischen Altenberg und Heidenau sollte künftig für ein oder zwei Tage im Jahr für den Auto- und Lkw-Verkehr gesperrt werden, damit Radler freie Fahrt auf der Straße haben.

Diese Idee kam Bärbel Lehmann bei einer ihren vielen Radtouren durchs Müglitztal. Die fielen zuletzt sehr entspannt aus, obwohl es kilometerlang keinen Radweg gibt. Gut einen Monat war die Straße zwischen Mühlbach und Schlottwitz komplett gesperrt – wegen einer dringenden Baumaßnahme. Der Verkehr durchs mittlere Müglitztal kam fast zum Erliegen. Das kam der passionierten Radfahrerin entgegen. Entspannt konnte sie durchs Müglitztal radeln. „Man hatte das Gefühl die Anwohner und die Natur atmen durch“, erzählt sie.

Ganz neu ist die Idee von einem autofreien Tag im Müglitztal nicht. Bereits 2012 wurde die Straße zwischen Lauenstein und Heidenau für einige Stunden gesperrt, um mit einem Fahrradkorso an die Augustflut 2002 zu erinnern. Eine neuerliche Auflage dieser Aktion hätte viele Unterstützer, glaubt Bärbel Lehmann nach mehreren Gesprächen mit Anwohner. Schließlich hätten nicht nur Fahrradfahrer etwas davon, sondern auch Gaststätten und Fahrradhändler, die zum Beispiel E-Bikes zum Test anbieten könnten. Die Reaktion der Kommunalpolitiker fällt unterschiedlich aus.

Reaktionen der Bürgermeister

Michael Neumann, Bürgermeister der Gemeinde Müglitztal, kann der Idee nicht viel abgewinnen. „Eine Straßensperrung finde ich nicht akzeptabel“. Bereits die Straßensperrung zwischen Mühlbach und Schlottwitz habe den Gastronomen Probleme bereitet. „Die Flut 2002 war eine Katastrophe. Um dieser schweren Zeit zu gedenken, ist meines Erachtens keine Straßensperrung für Autos und Motorräder notwendig.“ Andere Rathauschefs stehen der Idee positiv gegenüber. „Alles, was zur Verkehrsberuhigung beiträgt, ist willkommen“, sagt Altenbergs Bürgermeister Thomas Kirsten (Freie Wähler). Allerdings wäre einiges zu beachten: Die Unternehmen dürfen nicht gefährdet werden. „Anlieferung und Abtransport muss immer gewährleistet sein und Arbeitnehmer müssen zum Arbeitsplatz gelangen“, so Kirsten. Auch Reisebusse dürfen nicht verhindert werden. Zustimmung stellt auch Glashüttes Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) in Aussicht. „Grundsätzlich kann man sicher über eine solche Idee nachdenken.“ Der Radkorso 2012 hat viele motiviert. „Ob das Interesse ohne einen solchen Rahmen hinreichend groß wäre, wäre zu prüfen.“ Denn in den letzten Jahren hat die Zahl von besonderen Radveranstaltungen zugenommen. „Letztlich braucht es ein überzeugendes Konzept, auch um Verständnis bei den Autofahrern, die ja dann Umleitung in Kauf nehmen müssen, zu sichern“, so Dreßler. Auch das Landratsamt Pirna hat Zustimmung signalisiert. „Grundsätzlich steht die Kreisverwaltung allen Veranstaltungsinitiativen offen gegenüber“, sagt die Leiterin des Straßenbau- und Verkehramtes, Martina Aurisch. Sie gibt aber auch zu bedenken, dass das ein Kraftakt wird, diesen autofreien Tag zu organisieren. „Eine solche Veranstaltung in diesem Umfang hat es im Landkreis noch nicht gegeben“, so Aurisch.

Die Mühlbacherin Bärbel Lehmann möchte das Müglitztal für Radfahrer noch populärer machen. 
Die Mühlbacherin Bärbel Lehmann möchte das Müglitztal für Radfahrer noch populärer machen.  © Daniel Schäfer

Vorbild aus dem Jahr 2012

Einer, der als Veranstalter infrage käme, wäre der Tourimusverband Erzgebirge. Radfahren ist nun auch im Gebirge sehr populär geworden, sagt Karsten Gräning, stellvertretender Verbandschef. Deshalb begrüßt er den Vorschlag. „Die Idee ist super. Die Leute suchen immer nach neuen Angeboten.“ Er selbst habe einen autofreien Tag vor einigen Jahren schon mal angeregt, als es damals darum ging, den geplanten Müglitztalradweg populär zu machen. Doch der Widerstand der „Bedenkenträger“, die Gräning nicht namentlich nennen möchte, sei groß gewesen. Sein Verband würde gern beim Organisieren mithelfen, den Hut wolle er sich aber nicht aufsetzen, so der Touristiker. Dafür bietet sich Dohnas Bürgermeister Ralf Müller (CDU) an, der in zurzeit Radfahrerland Holland Urlaub macht. Er erinnert sich noch gern an den Fahrradkorso im August 2012, der auf einer Initiative der Stadt Dohna basierte. Um der Flut zu gedenken, wurden im Tal die Wasserstände von 2002 mit blauen Bändern markiert. Start war in Lauenstein am neuen Rückhaltebecken. Zwischenstopps gab es in Bärenhecke, Schlottwitz und Weesenstein. „An allen Stellen wurden Besonderheiten geboten“. Die Radtour war als Demonstration angemeldet. „Wir hatten circa 20 Begleitfahrzeuge, 30 Fahrradordner vom SSV Heidenau und circa zehn Motorradfahrer als Begleitung. Dazu kam die Motorradstaffel der Polizei, weil der damalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich mit teilgenommen hat“, so Müller.

Im Unterschied zu Bärbel Lehmanns Idee dauerte der Fahrradkorso nur sechs Stunden und nicht einen ganzen Tag. Die Straße wurde nur während der Fahrradpassagen gesperrt. Genau hier sieht Müller auch die Hürden. „Beim Thema Sperrung der S 178 für Veranstaltungen hält sich die zuständige Behörde sehr zurück“, sagt er. In den letzten 20 Jahren sei es nicht einmal gelungen, eine dreitägige Sperrung während des Mittelalterfestes in Weesenstein zu erreichen. Trotzdem sei er bereit, sich den Hut für eine ähnliche Veranstaltung aufzusetzen. „Ich würde es gern wieder so organisieren, auch wenn es ein gewaltiger Aufwand war“, so Müller.

Die Initiative zu einem autofreien Tag sollte von einer Partei oder einem Tourismusverband ausgehen. Damit könnte man auch darauf aufmerksam machen, dass das Müglitztal einen Radweg braucht, so Müller. „Da ich gerade in Holland Urlaub mache, stelle ich fest, wie sehr Radfahrer hier gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer sind und wieviel Rückstand Deutschland und Sachsen bei dem Thema hat.“