Von Doreen Hübler
In einem Wohnzimmer am Rand von Dresden sind Pudel noch kleine Könige. Heiko vom Altfrankener Park thront mit vornehmem Blick auf der Chaiselongue, daneben hat sich Vivi Jean von Thales zusammengerollt. Nur Julchen von der Lichtrose wälzt sich ein wenig unzufrieden hin und her – ein feminines Problem. „Ach mein Kindchen, du bist heiß, was?“, fragt Marlitt Bormann die Pudeldame, die nicht antworten kann.
Sonst würde sie vielleicht „Mama“ zu ihr sagen. Dieses Wort mag Marlitt Bormann lieber als „Frauchen“. Auch, weil es besser passt, denn seit ihrer Teenagerzeit hat sie Dutzende Hunde auf die Welt begleitet. Für jeden Wurf sucht sie Namen aus, die mit einem neuen Buchstaben beginnen. „Mittlerweile hab ich das Alphabet viermal durch und bin gerade wieder bei X angekommen“, sagt die 56-Jährige. Ihrem Geschmack ist sie treu geblieben. „Seitdem hab ich meinen Mann entsorgt, aber nicht meine Pudel. Einmal Pudel, immer Pudel.“
„Einfach nicht mehr cool“
Marlitt Bormann ist ein Fan in einer immer kleineren Fangemeinde. Denn, das hat auch sie schweren Herzens eingesehen, der Pudel ist aus der Mode gekommen und nur noch selten auf der Straße zu sehen. Die Gründe dafür sind zahlreich, aber lassen sich in einem Punkt zusammenfassen: „Pudel sind einfach nicht mehr cool.“ Und das muss sich dringend ändern.
Für dieses Ziel hat Bormann, die eigentlich in Bad Lauchstädt wohnt, sogar eine Führungsposition in Dresden angenommen. Seit Januar leitet sie den neu gegründeten Ortsverband der hiesigen Pudelfreunde. Acht Mitglieder sind sie derzeit, gemeinsam will man für die Rasse Imagepflege betreiben. In dieser Sache hat Marlitt Bormann gerade einen neuen Ortstermin, eine Besprechung mit ihrer Vize-Chefin Ilona Terstegen in Altfranken. Ein Vereinslokal wird gesucht und über die Vorzüge der Rasse geplaudert. Von denen gibt es viele, da sind sich die Damen einig.
„Der Pudel ist extrem flexibel“, lobt die Stellvertreterin. Er haart nicht und hat trotzdem ein seidiges Fell. Sein Wesen sei ruhig und ausgeglichen, er passe zu einer 80-jährigen Oma genauso wie zu einer Familie mit fünf Kindern. Die drei Exemplare im Wohnzimmer präsentieren sich als bester Beweis, sie lauschen artig den Ausführungen ihrer Besitzerinnen. Auch darüber, dass viele Menschen „heutzutage einen Ego-Hund brauchen“, eine möglichst repräsentative und stattliche Rasse, die sie an der Leine herumführen können. Auf der anderen Seite gäbe es noch die Favoriten der weiblichen Tierfreunde. „Die wollen oft Rumschlepphunde“, sagt Marlitt Bormann. Etwas Kleines, Niedliches, das man auch mal in der Handtasche parken kann.
Ja, wenn Paris Hilton nur endlich begreifen würde, dass ein Pudel für sie genau das Richtige wäre. Helfen könnte vielleicht die goldene Regel von Ilona Terstegen: „Der Pudel steht und fällt mit der Frisur.“ Die muss gepflegt und monatlich von einem Profi betreut werden, egal, ob der Haarschnitt „Löwenschur“ oder „Puppy-Clip“ heißt. Nur dann klappt es auch mit einem Titel bei einer Pudelschau, von denen die Vereinsmitglieder zwischen zehn und 20 im Jahr besuchen. Zu viel Schnickschnack am Hund mögen sie allerdings nicht, ein Strassband muss reichen, um die Schönheit von Vivi Jean von Thales und Julchen von der Lichtrose zu unterstreichen. Die Vorzüge der Rasse sollen bald wieder viele Menschen erkennen, auch in Dresden. „Der Pudel soll wieder in die Öffentlichkeit“, sagt Marlitt Bormann und träumt schon von Grillabenden und Spaziergängen mit den Vereinsmitgliedern. Und von einer Pudel-Parade auf dem Stadtfest. So etwas habe es früher schon mal gegeben. Und ein Comeback des Pudels ist sowieso längst überfällig.
Wer Interesse am Dresdner Verband der Pudelfreunde hat, kann sich bei Marlitt Bormann unter 034635/22054 melden.