Eisiges Finale nach 40 Jahren

Soll dies wirklich das letzte große Winterschwimm-Spektakel am Copitzer Natursee gewesen sein? Etwa 500 Zuschauer erlebten am Sonnabend das große Finale einer 40-jährigen Eisbader-Tradition in Pirna. Bunt kostümiert und gut gelaunt wagten rund 100 Hartgesottene bei strahlendem Sonnenschein den Sprung in das etwa zwei Grad kalte Wasser – bei Lufttemperaturen von um die fünf Grad Celsius.
Etwa 80 Winterschwimmer von 14 Gruppen aus ganz Deutschland waren der Einladung der „Pirnaer Eisbrecher“ von der Sektion Winterschwimmen des VfL Pirna-Copitz 07 gefolgt und planschten nach einem kräftigen „Eis frei!“ in den Fluten. Zum Schluss stürzten sich sogar noch einige Freiwillige mit in das eisige Wasser - darunter elfjährige Phelan Glück aus Heidenau. Er was der jüngste Eisbader an dem Tag und verdiente sich mit der Mutprobe 100 Euro Taschengeld von seiner Mutter.
Das diesjährige Winterschwimmer war Jubiläumsfeier und zugleich das Ende einer langen Tradition: Die „Pirnaer Eisbrecher“ wollen nach 40 Jahren Winterschwimmen und Eisfasching Schluss machen mit öffentlichen Veranstaltungen dieser Größenordnung. Gründe sind die dezimierte Zahl der Aktiven und deren fortgeschrittenes Alter. Vier Eisbader die bei jedem Schwimmen in den vergangenen 40 Jahren dabei waren, wurden am Sonnabend geehrt, genauso wie der langjährige Macher des Eisfaschings, der VfL-Abteilungsleiter Winterschwimmen Rolf Reichel, der mit der Ehrenplakette des Kreissportbundes ausgezeichnet wurde.
Die aktiven „Pirnaer Eisbrecher“ präsentierten bei ihrem finalen Auftritt, eine Reihe von Kostümen aus der 40-jährigen Vereinsgeschichte, die sie rausgekramt hatten und an die sich treue Zuschauer gern erinnerten – ganz nach ihrem Motto „Bunt ist die Welt“. Die Pirnaer Truppe verabschiedet sich nun wohl als einmalig in der Szene: Denn sie halten nicht nur seit 40 Jahren durch, sondern haben in den 40 Jahren auch 40 öffentliche Veranstaltungen in Pirna organisiert.
Die Gastgeber, die zuletzt ins eiskalte Element eintauchten, begrüßten zu dem Gaudi mehr als Winterschwimmer aus Berlin, Altenburg und Gera in Thüringen, Rostock und Waren in Mecklenburg-Vorpommern, aus Samswegen in Sachsen-Anhalt und sogar aus dem nordrhein-westfälischen Bielefeld. Die am weitesten gereiste Eisbaderin nahm 500 Kilometer Anfahrt aus Bad Füssing in Niederbayern auf sich. Nicht fehlen durften auch befreundeten sächsischen Eisbader aus Dresden, Radebeul, Riesa, Chemnitz, Falkenau, Kamenz, Bischofswerda oder Oederan. Ihnen allen konnte und kann es nicht kalt genug sein. Erst wenn die Temperaturen in den Keller gehen, tauen die Aktiven so richtig auf.
So war das Winterschwimmen in Copitz
„Mir und meiner Gesundheit hat das Eisbaden viel geholfen. Es macht Laune, stärkt Abwehrkräfte und hält fit“, erzählt der 82-jährige Günter Schwanitz aus Pirna. Ende der 1970er Jahre war er einer von Dreien, die im Winter nach der Sauna in Copitz in ein Eisloch sprangen. Später gründete er mit anderen Gesundheits-Enthusiasten und Extrem-Badern die Sektion Winterschwimmen im damaligen Sportklub „Wismut Pirna-Copitz“. 1980 wurde in Copitz das erste Winterschwimmen organisiert. Beim sogenannten „Trommel-Treffen“ der damaligen Pionier-Zeitschrift „Trommel“ tummelten sich sechs Jahre später mehr als 250 Eisbader vor einer Kulisse von rund 10. 000 Zuschauern.
Heute ist die jüngste Winterschwimmerin 63 Jahre alt, die älteste zählt 85 Jahre. Das Alter der Aktiven ist auch der Grund, warum es das öffentliche Winterschwimm-Spektakel nicht mehr geben soll. Die Vereinssektion wird weiter bestehen, nur für die große Veranstaltung fehlt die Kraft. „Wir nehmen liebend gern neue Leute und suchen Verstärkung für unsere ungewöhnliche, aber gesund haltende Sportart“, sagt Rolf Reichel. „Uns würde es sehr freuen, wenn es das Winterschwimmen auch die nächsten 40 Jahre in Pirna noch gibt.“ Nur Reichel selbst, der in wenigen Tagen seien 76. Geburtstag feiert, werde es nicht mehr organisieren.
Entlohnt werden die Schwimmer nach jedem Bad – beim Schwitzen in der Sauna.
Wer Mut hat kann jeden Dienstag, 17.25 Uhr, in die Sauna des VfL Pirna-Copitz zum Probieren kommen. Kontakt: Rolf Reichel, [email protected]