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Dresdens flotte Tunnelbauer

Der Bohrer unter der Elbe hat schon die Hälfte von Dresdens erstem Elbtunnel geschafft. Es ist ein Bauprojekt der Superlative.

Von Peter Hilbert
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Die Projektleiter Norbert Gassel (Drewag, l.) und Maik Borrmann stehen in einem der letzten Tunnelrohre, die noch in die Grube unweit der Marienbrücke gehoben werden müssen.
Die Projektleiter Norbert Gassel (Drewag, l.) und Maik Borrmann stehen in einem der letzten Tunnelrohre, die noch in die Grube unweit der Marienbrücke gehoben werden müssen. © René Meinig

Dresden. Maik Borrmann und Norbert Gassel stehen am Dresdner Volksfestgelände in einer hohen Röhre, die bald unter dem Elbgrund verschwunden sein wird. Die Projektleiter der Baufirma Eiffage und der Drewag sind froh, dass die Arbeiten so zügig vorankommen. Ein Stück elbabwärts der Marienbrücke wird Dresdens erster Elbtunnel gebaut. „Wir haben jetzt die Hälfte geschafft", sagt Borrmann. In den nächsten Wochen werden die letzten Rohre eingebaut.

Der Tunnel: 240 Meter unter dem Elbgrund hindurch

Der Tunnelbau ist eine große ingenieurstechnische Herausforderung. Errichtet wird eine 3,20 Meter hohe begehbare Röhre, die innen 2,60 Meter misst. Solche Leitungstunnel heißen in der Fachsprache Düker. Das kommt aus dem Holländischen und bedeutet Taucher. Der Tunnel an der Marienbrücke wird 240 Meter lang.

18 Meter tief ist die gewaltige Stahlbetongrube am Volksfestgelände, in die ein 300-Tonnen-Raupenkran die jeweils vier Meter langen Rohrstücken hebt. Allein eins von ihnen wiegt 26 Tonnen, erklärt Borrmann. 

18 Meter tief ist diese Grube am Volksfestgelände. Hier drücken Hydraulikpressen den Bohrer voran und die Rohre in die Erde.
18 Meter tief ist diese Grube am Volksfestgelände. Hier drücken Hydraulikpressen den Bohrer voran und die Rohre in die Erde. © René Meinig

Über der Oberfläche schützen vier Meter hohe Wände die Grube. Damit ist sie selbst vor einem so großen Hochwasser wie im August 2002 flutsicher. Rings um die Baugrube wurden einen Meter starke Stahlrohre in den Untergrund gerammt, die die Baugrube bei Hochwasser vor dem Anprall großer schwimmender Teile schützen. „Zum Glück gab es aber bisher keins“, sagt Borrmann.

Dieser 300-Tonnen-Raupenkran hebt die Rohrteile in die große Grube.
Dieser 300-Tonnen-Raupenkran hebt die Rohrteile in die große Grube. © René Meinig

Der Vortrieb: Laserstrahl misst, ob die Richtung stimmt

Das Werkzeug der gewaltigen Tunnelbohrmaschine, die derzeit unter der Elbmitte arbeitet, ist eine 3,20 Meter große propellerartig rotierende Scheibe. Mit diesem sogenannten Hydroschild werden Erde und auch Gestein abgetragen, mit einem Ton-Wasser-Gemisch unter Druck ausgespült, das auch den Bohrer schmiert, und letztlich über das Loch und Rohre abtransportiert. Das geschieht knapp sieben Meter unter dem Elbgrund. Hydraulikpressen drücken den Bohrer voran und auch die Betonfertigteile in die Röhre. Auf diese Weise wächst der Elbtunnel. 

So funktioniert der Tunnelbau. Hydraulikpressen drücken mit einer Kraft von 1.200 Tonnen den Bohrer voran und die Betonfertigteile in die Röhre.
So funktioniert der Tunnelbau. Hydraulikpressen drücken mit einer Kraft von 1.200 Tonnen den Bohrer voran und die Betonfertigteile in die Röhre. © Visualisierung: Eiffage

Am 20. Juli hatte der Tunnelbohrer begonnen. Geplant war, zehn Meter am Tag voranzukommen. Geschafft wurden jedoch 16 Meter, erklärt Borrmann. „Unser Team ist gut eingespielt und die Technik funktioniert“, sagt er. „Wenn es jedoch ein Leck an der Hydraulikanlage geben würde, könnte es Probleme geben“, führt der 34-Jährige eine mögliche Panne an, die es aber bisher nicht gab. Kommt die 100 Tonnen schwere Bohrmaschine weiter so gut voran, würde sie den Gruben-Zwilling am Neustädter Ufer in zwei Wochen erreichen, rechnet Borrmann vor.

Dass die Richtung stimmt, überwacht ein hochkonzentrierter Laser-Lichtstrahl, erläutert Drewag-Projektleiter Gassel. Bisher musste beim Bohren nur eine Abweichung von 20 Millimetern korrigiert werden. „Das ist weit unter dem zulässigen Wert von bis zu 150 Millimetern.“

Das Ziel: Bohrer muss durch dicke Stahlbetonmauer

Ein gewaltiges Hindernis gibt es noch kurz vor dem Ziel am Neustädter Gruben-Zwilling. Dort muss der Tunnelbohrer durch die 1,5 Meter starke Betonwand mit glasfaserverstärktem Kunststoff. Borrmann rechnet damit, dass dies eine Woche dauert. „Anfang September wollen wir durch sein.“

Das tiefe Betonbauwerk wird dann durch das große Loch geflutet. Taucher müssen die Bohrmaschine unter Wasser demontieren, weil sie nicht im Ganzen vom Kran empor gehoben werden kann. 

Die Fernwärmetrasse: Erste Rohre jetzt angerollt

Letztlich werden zwei Fernwärmerohre auf Rollenlagern eingeschoben. Zum Schluss muss noch mit einer Seilwinde nachgeholfen werden. Die ersten Rohre sind am Mittwoch auf einem Tieflader bereits am Volksfestgelände angerollt. 

Auf diesem Tieflader sind am Mittwoch die ersten Fernwärmerohre auf die Baustelle gekommen.
Auf diesem Tieflader sind am Mittwoch die ersten Fernwärmerohre auf die Baustelle gekommen. © SZ/Peter Hilbert

Der Zeitplan: Ende 2020 strömt Fernwärme nach Pieschen

Ende dieses Jahres soll die Fernwärme durch den neuen Tunnel in Richtung Pieschen strömen, kündigt der Drewag-Projektleiter an. Seit 2017 werden in Pieschen Leitungen verlegt, damit der Stadtteil ans zentrale Netz angeschlossen werden kann. Ein Großteil der Arbeiten ist schon geschafft. Mit dem Tunnel entsteht eine Direktverbindung zum Heizkraftwerk Nossener Brücke. Denn dort wird der Großteil der Dresdner Fernwärme erzeugt. Allerdings werden künftig nur Fachleute Zugang zu dem 240 Meter langen Elbtunnel haben, um Wartungs- oder Reparaturarbeiten auszuführen. Dann wird es am Volksfestgelände nur noch einen unscheinbaren Schachtdeckel geben, über den die Monteure in den Tunnel kommen, erläutert Gassel.

Projektleiter Borrmann ist froh, dass bisher vieles so zügig ging. „Bei diesem besonderen Projekt steckt viel Herzblut drin, sowohl bei der Drewag als auch bei uns. Schließlich ist das ein Tunnelbau und kein Flughafen in Berlin“, sagt er. 

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