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Eltern springen für Lehrer ein

Bauchtanz gibt es nun nicht mehr an der 85. Grundschule. Diese Arbeitsgemeinschaft (AG) wurde mit vier anderen zusammengestrichen. „Wir bekommen in diesem Schuljahr fast die Hälfte weniger Geld für Ganztagsangebote“, sagt Schulleiterin Resi Kreßner.

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Von Claudia Schade

Bauchtanz gibt es nun nicht mehr an der 85. Grundschule. Diese Arbeitsgemeinschaft (AG) wurde mit vier anderen zusammengestrichen. „Wir bekommen in diesem Schuljahr fast die Hälfte weniger Geld für Ganztagsangebote“, sagt Schulleiterin Resi Kreßner. „Wir konnten nur reagieren, indem wir Arbeitsgemeinschaften kürzen.“

Um das für Schüler freiwillige Angebot nach dem Unterricht nicht zu sehr zu kürzen, wurde mit den Honorarkräften nachverhandelt. Einige Angebote gibt es außerdem nur noch für Schüler bestimmter Klassen, andere finden nun in größeren Gruppen statt.

Ähnlich wie bei der 85. Grundschule ist die Lage an vielen anderen Dresdner Grundschulen. Im Durchschnitt sind die Mittel für Ganztagsangebote um 30 Prozent gestrichen worden. So wird an den Schulen nun vor allem im Freizeitbereich gespart. Die meisten Einrichtungen versuchen, pädagogische Angebote wie Sprachunterricht, Fördermaßnahmen für besonders starke und besonders schwache Schüler oder die Hausaufgabenbetreuung trotzdem beizubehalten. Gestrichen werden dann sportliche, künstlerische oder musikalische Angebote.

Mehr Schulen stellen Anträge

„In diesem Bereich gibt es massive Kürzungen“, kritisiert Annett Grundmann vom Kreiselternrat. Sie befürchtet, dass es künftig zu weiteren Einschränkungen kommt. Zudem werde es den Schulen zunehmend schwer gemacht, ihre Anträge zu stellen. „Das Prozedere ist sehr kompliziert geworden“, sagt Grundmann. „Der Verwaltungsaufwand hat sich deutlich erhöht. Dabei sollte die Zeit doch für die Kinder verwendet werden.“

Im August 2005 hatte das sächsische Kultusministerium mit großer Fanfare die Stärkung der Ganztagsangebote verkündet. 30 Millionen Euro sollten dafür jedes Jahr zur Verfügung stehen. Zunächst lief der Ausbau schleppend. Im ersten Jahr wurden die Mittel nicht ausgeschöpft. Doch mit der Zeit erkannten immer mehr Schulleiter, wie sehr Eltern auf Angebote außerhalb des regulären Unterrichts achten. Die Zahl der Anträge stieg. In Dresden bieten mittlerweile 61 von 67 öffentlichen Grundschulen Ganztagesangebote an. Diese reichen von der Hausaufgabenbetreuung bis zum Reitunterricht.

Manch eine Schule mag dabei in der Vergangenheit über die Stränge geschlagen haben. Die Höhe der Mittel war zu Beginn kaum begrenzt. Wer viel beantragte, bekam auch viel. Durch die stetig zunehmende Zahl der beteiligten Schulen verknappen sich nun jedoch die Mittel pro Schule. Hinzu kommt die Kürzung durch den Freistaat. Gab es bislang jährlich 30 Millionen Euro für alle sächsischen Schulen, sinkt die Summe in diesem Schuljahr auf 26 Millionen Euro.

Die Schulen reagieren unterschiedlich. Die 102. Grundschule zum Beispiel hat für ihr Programm nun 10000 Euro weniger zur Verfügung. „Das, was fehlt, kompensieren wir durch Eigeninitiative“, sagt Schulleiterin Gudrun Schirmer. Das heißt: Fünf AGs bestreiten die Lehrer in ihrer Freizeit. Sie sorgen dafür, dass die Kinder weiterhin Flöte spielen, Französisch lernen, Theater spielen, gärtnern und erfahren, wie man sich gesund ernährt. Für die Schulleiterin ist das fast eine Selbstverständlichkeit. Sie selbst gibt unentgeltlich Förderunterricht für gute Matheschüler. „Lehrer haben ihren Beruf aus Berufung ergriffen“, erklärt sie. „Deshalb springen wir ein, wenn Not am Mann ist.“ Dennoch warnt sie davor, dieses Engagement auf Dauer zu erwarten. „Das geht irgendwann über die Kräfte.“

Schule ohne neues Klavier

Eine andere Möglichkeit hat Kerstin Hartmann, Leiterin der 84. Grundschule in Hellerau, gefunden. Sie kann auf eine engagierte Elternschaft bauen. „Die Bibliotheksarbeit übernehmen jetzt zwei Mütter ehrenamtlich“, sagt sie. Auch die Hausaufgabenbetreuung macht nun jemand, der kein Geld dafür verlangt. Bei Sachmitteln helfen die Eltern ebenfalls. „Wir wollten ein neues Klavier für unseren Schulchor anschaffen“, erläutert Hartmann. Das Instrument sollte eigentlich aus den Mitteln für Ganztagsangebote bezahlt werden. Nun übernimmt der Förderverein die Kosten. „Die Eltern haben uns schon frühzeitig signalisiert, dass sie einspringen, wenn gekürzt wird“, sagt Hartmann.

Die 85. Grundschule indes baut nun auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Hort. Ein Weg, der auch im Ministerium gern gesehen wird. Immerhin leisten sich die sächsischen Schulen mit Ganztagsangebot und Hort noch zwei parallele Systeme.