Von Sven Geisler
Es ist noch zu früh. „Klar wäre es geil, gegen Erfurt dabei zu sein, und überragend, gegen die Bayern zu spielen“, sagt Mathias Fetsch. Doch der Spruch, etwas nicht übers Knie brechen zu können, gilt für den Angreifer von Dynamo Dresden besonders. Kurz vor Weihnachten, im letzten Spiel des Jahres 2014 gegen Energie Cottbus, hatte er sich das Kreuzband im rechten Knie gerissen. Nach der Schinderei ohne Ball in der Reha, ist er froh, endlich wieder bei der Mannschaft zu sein.
„Es hat genervt, keinen Fußball spielen zu können“, sagt der 26-Jährige. Vor seiner Verletzung war er gerade erst so richtig angekommen in Dresden und im Team, hatte mit drei Toren in Rostock gezeigt, dass er die Offensive wie erhofft verstärken kann. Dynamo hatte Fetsch kurz vor Transferschluss vom FC Augsburg ausgeliehen, wo er nur auf einen Kurzeinsatz in der Bundesliga gekommen war – zu wenig für einen jungen Mann mit ausgeprägtem Spieltrieb.
Das war für ihn der entscheidende Grund, weshalb er nicht zurück wollte zum Europa-League-Teilnehmer, sondern lieber in der 3. Liga bleibt. „Das hat nichts mit mangelndem Vertrauen in meine Qualität zu tun“, betont Fetsch. „Mir ist es wichtig zu spielen, ein wichtiger Teil der Mannschaft zu sein. Diese Chance habe ich in Augsburg nicht gesehen.“ Dagegen weckte die kurze Zeit in Schwarz-Gelb bei ihm die Lust auf mehr. „Das waren vier geile Monate bis zur Verletzung. Es ist einfach der Hammer, was man hier vorfindet: die Jungs, die Fans, das Stadion, die Stadt. Es macht Spaß, hier Fußball zu spielen.“
Seine Wohnung in Dresden hatte er im Frühjahr vorsorglich nicht gekündigt. Ein kleines Risiko, wie er meint, denn eigentlich war alles klar. „Ich wollte, und ich wusste, dass Dynamo auch will.“ Nur Augsburg wollte eben etwas anderes, nämlich eine Ablöse. Während die Vereine über die Summe feilschten, konzentrierte sich Fetsch auf seine Reha-Übungen und Behandlungen. „Es hat sich etwas gezogen, aber das war mir relativ egal, weil ich sowieso noch nicht bereit war fürs Mannschaftstraining.“
Dann wurde es trotzdem knapp, denn einen Termin wollte Fetsch unbedingt wahrnehmen: den fürs Mannschaftsfoto. „Es ist schön, dass ich im Team mit drauf bin und nicht als kleines Bildchen am Rand stehe.“ Die Klubs waren sich in letzter Minute einig geworden, vereinbarten über das Verhandlungsergebnis jedoch Stillschweigen. Bei Dynamo unterschrieb Fetsch einen Vertrag bis 30. Juni 2016 mit Option auf eine weitere Saison. Die kurze Laufzeit kann man als Vorsichtsmaßnahme deuten, denn keiner weiß, ob der in Angriff und Mittelfeld flexibel einsetzbare Spieler seine Bestform erreicht. „Es wird nie wieder so sein wie davor“, sagt Fetsch. Das klingt jedoch kein bisschen resigniert. „Der Körper stellt sich um, ich werde die gleiche Leistungsfähigkeit haben.“
Die ersten Übungseinheiten bestätigen seine Zuversicht. „Ich habe Zweikämpfe geführt, auch schon einen Schlag aufs Knie bekommen – und es gab keine Probleme, keine Reaktion.“ Seine Kraft- und Laktatwerte sind top, Fetsch fühlt sich körperlich fit. Was jetzt fehlt, sind die Automatismen, die Selbstverständlichkeit der Bewegungen. Ab und zu meldet sich der Kopf, um an das geflickte Knie zu erinnern. „Manchmal bin ich vielleicht noch ein bisschen gehemmt, obwohl ich weiß, dass das Kreuzband bombenfest ist.“ Das Vertrauen steigt mit jeder Aktion im Training.
Er werde dem Trainer signalisieren, sobald er sich bereit fühlt, aber wann es so weit ist, darüber mag Fetsch nicht spekulieren. „Ich mache mir keinen Stress“, sagt er – und sein Lächeln verrät seine Gedanken: Nun dauert es nicht mehr lange. Schließlich will er helfen, das ausgegebene Saisonziel zu erreichen. „Da stehe ich zu 100 Prozent dahinter, weil ich von unserer Qualität überzeugt bin“, meint Fetsch. Er weiß, wie es geht: 2011 war er als Stammspieler mit fünf Toren am Aufstieg von Eintracht Braunschweig in die zweite Liga beteiligt.
Auch wenn er sich bisher ganz oben nicht durchsetzen konnte, bringt er das mit, was Dynamo in der Schwächephase während der Rückrunde vorige Saison besonders gefehlt hat. Mit seiner Erfahrung hätte er der jungen Truppe mehr Halt geben können. Uwe Neuhaus ist jedenfalls überzeugt, dass Fetsch „ein wertvoller Spieler für uns sein“ wird. Deshalb wartet er auf das Signal, das bald kommen wird. Auch wenn es für die Spiele morgen, 20.30 Uhr, gegen Erfurt und am Montag, 18 Uhr, gegen die Bayern, nicht reicht.