Von Jens Hoyer
Inga Zdora wird bald wieder die Koffer packen. Die junge Lettin hat fast drei Monate in Döbeln gelebt und viel gelernt. Über Land und Leute und vor allem in ihrem künftigen Beruf. Die 20-Jährige absolviert in ihrer Heimat eine Ausbildung zur Podologin, zur medizinischen Fußpflegerin, und das Döbelner Klinikum ermöglicht ihr ein Praktikum in Deutschland.
Dr. Gudrun Hetzel, Oberärztin am Döbelner Klinikum, hat die Praktikantin unter ihre Fittiche genommen. Sie ist Spezialistin für Gefäßerkrankungen und unterrichtet die angehenden Podologen an der Heimerer-Schule in Döbeln. Auf diesem Wege kam es zum Kontakt mit der Fachschule, einem „College“, in Lettland, erzählte sie. „2011 war ich in Riga und habe mich mit der Chefin der Schule und der Ausbildungsleiterin getroffen.“ Heimerer hat sich mittlerweile aus der Kooperation mit den Letten zurückgezogen, das Klinikum hält aber daran fest. Anfang des Jahres gab es eine Anfrage wegen des Praktikumsplatzes. Ein paar Tage später reiste die Praktikantin schon an. Sie ist in einem Zimmer im Klinikum untergebracht, das sonst von Schwestern in Ausbildung genutzt wird. „Sie hat ganz schnell ganz viel gelernt“, sagte Gudrun Hetzel. Deutsch ist für die junge Frau kein Problem – die Sprache hatte sie in der Schule.
Die Praktikantin war in verschiedenen Abteilungen der Klinik, ist bei den Visiten dabei und hat bei drei Operationen hospitiert. Zwei Wochen lernte sie beim Diabetologen Michael Bronkalla in Roßwein die Praxis kenne. Diabetiker sind für Podologen häufige Kunden, weil sie oft Probleme mit den Füßen haben, vermehrte unter Hornhaut und schlecht verheilende Wunden leiden. Das diabetische Fußsyndrom ist eine Komplikation, mit der es Podologen zu tun bekommen. Vieles hat Inga Zdora gesehen, was sie in ihrer Ausbildung bisher nur in der Theorie kennengelernt hatte. Und auch das Handwerk ist nicht zu kurz gekommen. Das Klinikum Döbeln ist diabetisches Fußzentrum und arbeitet mit örtlichen Podologen zusammen. Bei Angelika Pöge und Nicole Zimmermann lernte die Praktikantin die Techniken der medizinischen Fußpflege kennen. Der Umgang mit dem Skalpell etwa spiele bei ihrer Ausbildung in Lettland nicht so eine große Rollen wie hier, erklärte sie.
Drei Monate in der Fremde, getrennt von Familie und Freunden – für die junge Frau war das trotz Internet nicht einfach. Gudrun Hetzel und Angelika Pöge haben sie auch privat unter ihre Fittiche genommen. Inga Zdora ist mit in der Sächsischen Schweiz und 40 Kilometer von Merseburg nach Leipzig auf dem ökumenischen Pilgerweg gewandert. Sie hat Dresden kennengelernt und auch die Terra Mineralia in Freiberg besucht. Und auch sonst ist ihr nicht langweilig geworden – die angehende Podologin steht kurz vor dem Abschluss und hat in Döbeln an ihrer Qualifikationsarbeit geschrieben. Anfang Juni muss diese fertig sein, erzählt sie.
In ihrer Heimat rechnet sie sich allerdings als Podologin keine großen Chancen aus. Die medizinische Fußpflege hat dort noch nicht den Stellenwert wie hierzulande. Fußpflege bringt man dort eher mit kosmetischer Behandlung in Zusammenhang. Ihre berufliche Zukunft sieht die junge Lettin deshalb nicht in ihrem Heimatland, sondern eher im Ausland. Vielleicht in Deutschland.