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Erotisches im Ortsverein

Lesung. Der Autor Ernst Beichl spricht morgen in Grünberg zu seinem Buch „Wunschwitz 12“ – einem ehemaligen Swingerclub.

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Von Matthias Weigel

Irgendwie will doch jeder wissen, wie es in einem Swingerclub zugeht“, sagt Ernst Beichl. Und der Name seines Buches ist demnach nicht nur Hausnummer, sondern Programm: „Wunschwitz 12 – Geschichte eines Erotikklubs“. Denn darüber schreibt er. Über Geschichte und Geschichten. Über die Höhepunkte aus acht Jahren, in denen er mit seiner Frau Susanne Betreiber dieses Etablissements an besagter Adresse war. Über Menschen, die zu seinen Gästen zählten. Anonym, aber nie unpersönlich. Da tauchen Gestalten auf, deren Namen allein schon Charakterbeschreibung sind.

„Frau Rittmeister“ Andrea zum Beispiel. Oder die vielseitige Cornelia. Oder „Mister Goldfinger“ – den Masseur namens Horst. „Wie es einem Künstler geziemt, hatte Horst natürlich seine Vorlieben bei der Auswahl des zu ‚bearbeitenden‘ Materials. Unser Profimasseur hatte eine Passion für gertenschlanke Damen, die er auch sehr gern im ‚Handbetrieb‘ zum Gipfel der Lust brachte“, schreibt Beichl im Buch.

Das etwas andere Gewerbe

Begonnen hatte alles im Jahr 1994. Da mussten sich Ernst Beichl und seine Frau Susanne entscheiden. Sie hatten ein großes Haus und wollten ein Gewerbe aufmachen. Doch Wunschwitz – eine kleine 120-Seelen-Gemeinde bei Nossen – bot dazu nicht allzu viele Chancen. So wurde aus der Not eine Tugend und am Ende eben das etwas andere Gewerbe. Mit Engagement richtete er das Bauernhaus zum Erotikklub – und eben nicht zum Bordell, wie er anmerkt – ein. Bar, Tanzfläche, Spielwiesen und Pool – natürlich mit speziellen Düsen. Jeden Mittwoch, Freitag und Sonnabend vergnügten sich jeweils 30 Leute an- und miteinander in dem Club. Von 18- bis 80-Jährigen. Vom Beamten bis zum HartzIV-Empfänger. Von weit her und aus der Nachbarschaft. 2003 machte Beichl die Türen dicht – weil er die pflegebedürftigen Eltern ins Haus nach Wunschwitz holte.

Ernst Beichl wollte die Erinnerung an diese Zeit festhalten und nahm sich dazu Hilfe. Die Journalistin Corinna Kühn schrieb Beichls Manuskript nieder. „Der Nachname Kühn steht als Pseudonym für das Vorhaben – es war ein kühnes Wagnis“, sagt die Co-Autorin. Sie führte Interviews mit ehemaligen Besuchern, um das Buch authentischer zu machen. „Damit identifizieren konnte ich mich jedoch nicht“, erklärt sie das Pseudonym.

Ein frivol-lustiger Einblick

Seit dem Erscheinen des Buches reist Beichl nun durch Sachsen, bietet seine Lesung Vereinen kostenlos an – mit der Option zum Buchverkauf hinterher. 1 500 Exemplare sind das bisher.

Einer von acht angefragten Vereinen sagt zu. Der Rest sei laut Beichl wohl etwas prüde. Doch will er mit der frivolen, erotischen und lustigen Lesung und anschließenden Diskussion gerade die Angst nehmen, einen Einblick gewähren. „Es wird nicht zu pornografisch, aber auch nicht zu soft“, sagt Beichl. Je nach Publikum. Auf Kritiker stößt er natürlich auch. „Viele schreien erst einmal ‚Um Gottes willen!‘, und bleiben dann trotzdem.“ In seiner Heimatgemeinde erging es im ähnlich. „Da haben die Einwohner am Ende den Gästen sogar den Weg zu uns erklärt.“ Der Ortsverein in Grünberg hat Beichls Angebot angenommen. „Wir haben lange überlegt, ob wir so etwas in unserem Dorf machen können“, sagt Jacqueline Hanitsch vom Verein. Nun hofft sie auf zahlreiche und vor allem aufgeschlossene Gäste.