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Erschossen, verscharrt, aber nicht vergessen

In Burkau hat die Suche nach den Überresten von vier polnischen Soldaten begonnen. Erste Untersuchungen erhärten den Hinweis eines Zeugen.

Von Ingolf Reinsch
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Mittels Sonde sucht ein Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes die Stelle in Burkau ab, wo die vier polnischen Soldaten 1945 verscharrt worden sein sollen.
Mittels Sonde sucht ein Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes die Stelle in Burkau ab, wo die vier polnischen Soldaten 1945 verscharrt worden sein sollen. © Mathias Hüsni

Burkau. Wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte Burkau ein Feuergefecht. Vier polnische Soldaten, die den Rückzug ihrer Truppen verpasst hatten, verloren beim Versuch, sich in den Butterbergwald zu retten, ihr Leben. Ihre Leichen wurden auf keinem Friedhof bestattet, sondern im Graben einer Panzersperre an der Straße nach Schönbrunn verscharrt, berichtet Mathias Hüsni von der Arbeitsgruppe Faschismusforschung. Ein Schönbrunner gab diesen Hinweis.

An der vermuteten Stelle vor der damaligen Burkauer Darlehensbank, später Sitz der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG), trafen sich jetzt Bürger aus Burkau und Schönbrunn mit Vertretern des Kampfmittelbeseitigungsdienstes und des Vereines zur Klärung von Schicksalen Vermisster und Gefallener. Bei der Ortsbegehung wurde per Vertikalsonde festgestellt, dass in der Tat anthropogene Veränderungen stattgefunden haben, sagt Mathias Hüsni. Dabei handelt es sich um Einwirkungen auf die Umwelt, die direkt oder indirekt durch Menschen bewirkt worden sind. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass die vier Soldaten wenige Meter neben der Fahrbahn verscharrt worden sind. Die Burkauer wollen nicht nur Gewissheit, sondern – sollten menschliche Überreste gefunden werden – auch eine Überführung und würdige Bestattung. Bei den Untersuchungen am Wochenende war auch Bürgermeister Sebastian Hein (CDU) anwesend. Für Mathias Hüsni und die anderen Mitstreiter der Arbeitsgruppe ein Glücksfall. Denn so sind die Wege kurz, um die Voraussetzungen für Suchgrabungen zu schaffen. Der Bürgermeister habe zugesagt, die dafür erforderlichen Genehmigungen einholen zu wollen, sagt Mathias Hüsni. Wenn gegraben wird, dürfte das im Ort auffallen. Neben Behördenvertretern dürfte dann auch die Polizei präsent sein.

Bis dahin bleibt man nicht untätig. Die Gemeinde, der das betreffende Grundstück gehört, will bis Anfang Mai die obere Deckschicht an der vermuteten Stelle durch ihren Bauhof abtragen lassen. Dann will man sich erneut treffen, mittels Sonde nach weiteren Spuren suchen und sich über die nächsten Schritte verständigen.

Erste Auflagen vergriffen

Die Suche nach den vier erschossenen polnischen Soldaten ist Ergebnis eines in der Region, vielleicht sogar sachsenweit einmaligen Buchprojektes. Einwohner berichten im Buch „Burkau 1945“ über die letzten Monate des Zweiten Weltkrieges in ihrem Ort und die unmittelbare Nachkriegszeit. Berichtet wird über Todesmärsche, Flucht, Vertreibung, die Männer vom Volkssturm, die letzten Scharmützel des Krieges und den Einzug der sowjetischen Armee. Die beiden bisher erschienenen Auflagen sind vergriffen, eine dritte, erweiterte Auflage ist in Vorbereitung. Möglich, dass dort schon das Schicksal der vier Soldaten näher beleuchtet werden kann. Sie fielen nicht nur einem mörderischen Krieg zum Opfer, sondern auch einem Gefecht, als der Krieg schon längst entschieden war. Kurz vor Kriegsende hatte Hitler den später als Kriegsverbrecher verurteilten General Ferdinand Schörner zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. Mathias Hüsni sprich in diesem Zusammenhang von „Hitlers letztem Aufbegehren“. Kurzzeitig konnten die sowjetischen und polnischen Truppen noch einmal von Arnsdorf bis hinter Bautzen zurückgedrängt werden. In diese Zeit fällt auch das Gefecht in Burkau.