Von Jörg Mosch
Was haben Berlin, Braunschweig, Görlitz und Weinböhla gemeinsam? – Ganz einfach, sie sind die Stationen der Deutschlandreise von Charles M. Duke, dem zehnten Menschen, der auf dem Mond landete. Nach einem Vortrag am Mittwoch in Berlin war der ehemalige Apollo-Astronaut am Donnerstag im Zentralgasthof Weinböhla zu Gast. Mit einem Vortrag, der sich sowohl mit seiner Mondlandung als auch mit Dukes Leben danach beschäftigte.
„Meine Eindrücke sind so frisch, als wäre ich gerade erst von dort wiedergekommen“, sagt der 67-Jährige. „Die Reise mit Apollo 16 war ein so phantastisches Abenteuer, dass ich wahrscheinlich 10 000 Jahre leben könnte und nicht wieder eine solche Erfahrung hätte wie die, auf dem Mond herum zu laufen. Mit diesen Füßen“ – Duke zeigt nach unten – „habe ich dort gestanden. Über mir der völlig schwarze, sternenlose Himmel mit der Erde, die immer an der selben Stelle steht.“
Weil der Mond keine Atmosphäre hat, reichen die Temperaturen von knapp über dem absoluten Nullpunkt auf der Nachtseite bis 150 Grad plus auf der Tagseite. Das hätten die Filme in den Kameras gar nicht ausgehalten, sagen die Skeptiker. „Damit hatten wir viel weniger Probleme als mit dem allgegenwärtigen Mondstaub“, sagt Charles Duke. „Die Filme durften wir natürlich nicht in der Sonne liegen lassen. Wir haben sie unterm Sitz unseres Rovers verstaut. Dort waren sie geschützt.“
Young ließ Duke
nicht Rover fahren
Sehr anschaulich beschreibt Duke auch die Ausflüge mit dem Lunar Roving Vehicle. „Das ist ein Eine-Million-Dollar-Auto, das gerade mal 27 Kilometer gefahren ist, und nun dort oben rumsteht.“ Duke zeigt, wie er sich mit einem Sprung in den Sitz geschwungen hat. Schließlich hat der Mond nur ein Sechstel der Erdanziehungskraft. Das heißt, ein mit Raumanzug weit über 100 Kilogramm schwerer Astronaut bringt dort nicht mal 20 Kilo auf die Waage.
Gesteuert wurde der Rover mit einer Art Joystick, der zwischen den beiden Sitzen angebracht war. „Ich wäre auch gern mal gefahren, aber Young hatte ständig die Hand drauf.“ Duke schmunzelt. Er war auf diesen Touren der Navigator, musste die Orientierung behalten, während sich sein Commander ganz auf die nächsten Meter konzentrierte.
Den drei unvergesslichen Tagen auf dem Mond waren mehr als 15 Jahre harter Ausbildung vorangegangen. „Das Leben bestand oft nur aus Lernen und Schlafen“, erinnert sich der Astronaut. Gut einen laufenden Meter Handbücher musste er auswendig lernen. Erst für die Düsenjets, die er geflogen ist und später für die Computer und Steuerungen der Apollo-Mission.
„Das alles ist nur zu schaffen, wenn es nichts Wichtigeres gibt als die Karriere“, sagt Duke. Und es lief alles nach Fahrplan. Von den 3 000 Astronautenbewerbern blieben 90 übrig , und ich war darunter. Und als dann noch einmal ausgewählt wurde, hat es wieder geklappt.“
Dukes Frau Dotty erlebte diese Zeit in einem permanenten Zwiespalt. Sie habe sich ein bisschen wie im Märchen von Aschenputtel gefühlt, erzählt sie in Weinböhla. „Einerseits war ich sehr glücklich, einen so berühmten Mann zu haben“, sagt sie. „Doch dass es etwas Wichtigeres in seinem Leben gab als mich, hat mich tief verletzt. Natürlich habe ich mich mit Charlie über seine Erfolge gefreut, aber ich habe immer gehofft, dass es mal ein Ende hat und er endlich anfängt, an unserer Beziehung zu arbeiten.“
Ihr Mann dagegen hatte dafür keinen Nerv. Schon gar nicht, als unmittelbar nach seinem Mondflug das Apollo-Programm zusammengestrichen wurde. 15 Jahre lang war er auf das eine Ziel fixiert gewesen. Jetzt hatte er es erreicht, und kein neues war in Sicht. Er gründete eine Firma, blieb auch als Geschäftsmann seinem intensiven Arbeitsstil treu. „Dotty und ich hatten sich weit auseinander gelebt“, erinnert er sich. „Und von meinen Söhnen erwartete ich, dass sie wie Erwachsene funktionieren. Ich war aufbrausend und hart. Kein Wunder, dass es ständig Reibereien gab.“ Eine Scheidung schien unausweichlich.
Jesus als
Paartherapeut
Dotty dachte in dieser Zeit an Selbstmord. Eine Hinwendung zur Religion bewahrte sie davor. „Der Glaube an Jesus hat mir Kraft gegeben. Er hat meine Probleme gelöst“, erklärt sie überzeugt.
Mit dieser Botschaft endete der gemeinsame Auftritt der Eheleute Duke in Weinböhla. Eine Mischung aus NASA-Show und amerikanischer Kirche.