In meinem Arbeitszimmer im Hohnsteiner Elternhaus wurde ich am 28. Februar 1947 geboren. Geändert haben sich seither nur die Straßennamen: Bahnhofstraße wurde Karl-Marx-Straße und ist jetzt Max-Jacob-Straße. Hier verbrachte ich eine unbeschwerte Kindheit. Damals gab es einige gleichaltrige Jungs in der Oberstadt, mit denen ich mich meist im Wald herumtrieb. Die Geschichten vom Bärengarten, Diebskeller und Schlüsselstein hatten für uns magische Anziehungskraft. Natürlich ging es nie ohne zerschundene Knie. Danach wurde mein Leben durch den Klettersport geprägt. Das fing schon sehr früh an. Schon beim Spielen kletterte ich auf Bäume, Schuppendächer und Felsen. Da war ich gut, demzufolge auch begeistert. Ein Selbstwertgefühl, das ich beim Boxen oder Fußballspiel nicht entwickeln konnte. Kletterer, Bergsteiger zu werden, war wohl schon genetisch verankert bei mir und bedurfte nur noch des Anstoßes. Anfangs wurde mit der Wäscheleine der Mutter „Bergsteiger“ gespielt. Im Frühjahr 1959, während einer Wanderung mit meinem Vater durch die Schrammsteine, habe ich Kletterer an Schrammtorwächter und Zackenkrone ganz nahe gesehen und sie ehrfürchtig bewundert.
Wenige Tage später wurde, auf Initiative des alten Bergsteigers Adolf Kozemba, in der Schule eine Wandergruppe gebildet. Kozemba trug bei seinem Besuch im Klassenzimmer Kniebundhosen, für mich damals das Zeichen des Bergsteigerseins. Also eine Chance für mich, über diese Brücke den ersten richtigen Versuch zu wagen. Oben am Begangsteig, dort wo die Felsen ins Polenztal abbrechen, gab der alte Mann unserem Drängen nach und führte uns über den Alten Weg (II) auf den Panoramafels. Eine heikle Aufgabe und verantwortungsvolle Tat, deren Wert ich erst viel später richtig ermessen konnte. Angst oder später nur Ehrfurcht haben mich beim Klettern nie verlassen, sonst wäre ich sicher schon mausetot. Jeder Klettertag ist so ein komplexes Erlebnis. Mein Leben hat das ziemlich stark geprägt. Mit zwölf bestieg ich Gipfel, ab 14 versuchte ich ein systematisches Training. Das war damals noch ungewöhnlich für diese Sportart.
Erst in der zehnten Klasse habe ich gemerkt, dass ich auch hier wirklich etwas machen muss. Mein Großvater und mein Vater waren selbstständige Buchdruckermeister, heute noch existiert hier im Hause eine Druckerei, die mein Bruder betreibt. Auch ich habe diesen Beruf erlernt. Weil ich bei der Lehre zum Buchdrucker zwei sehr gute Ausbilder hatte, weckte das in mir den Wunsch, selbst Lehrer zu werden. Dieses Vorhaben zerschlug sich aber durch nachhaltige Erlebnisse während meines Wehrdienstes schnell. 20 Jahre führte ich selbst eine Druckerei. Damals war ich mit 24 Jahren schon Chef, zu jung eigentlich, doch ich glaube, dass mir das Klettern das notwendige Selbstvertrauen gab. Später wagte ich mit meiner Frau einen Neuanfang mit den Bergsportläden in Hohnstein und Schandau.
Als Kind empfand ich es als Gunst, von Älteren zu lernen und hatte große Freude dabei. Deshalb arbeite ich jetzt mit Jugendlichen und biete mit Kletterkursen Möglichkeiten der Selbsterfahrung an.
Aufgeschrieben von Janos Joo.