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„Es gehört Mut dazu, dies zu veröffentlichen“

Mir war bewusst, dass man mit einem solchen Buch nicht die Welt verändern kann. Allerdings fand ich es wichtig, mit diesem Buch dieses Thema zu dokumentieren“, sagt Martin Schäuble. Seine Publikation...

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Von Constanze Matthes

Mir war bewusst, dass man mit einem solchen Buch nicht die Welt verändern kann. Allerdings fand ich es wichtig, mit diesem Buch dieses Thema zu dokumentieren“, sagt Martin Schäuble. Seine Publikation „Rausgehasst – Rassismus und Neonazi-Terror in einer Touristenidylle“ stellte er am Dienstag rund 250 Schülern und Lehrern des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Riesa vor.

Im letzten Jahr recherchierte der Politikredakteur der Freien Presse zum Thema Rechtsradikalismus in der Sächsischen Schweiz, traf sich mit Opfern von fremdenfeindlichen Übergriffen und bekam einen Einblick in die Strukturen der rechten Szene.

Für viele der Schüler waren die Erfahrungen des Autors allerdings unvorstellbar. Anne Böhme und Axel Helbig, Schüler der 10. und 11. Klasse, lasen mit Martin Schäuble ein Interview aus dem Buch, in dem ein Mosambikaner und seine deutsche Frau zu ihren Erlebnissen mit Neonazis befragt wurden. Später sagte die Schülerin: „Ich kann mir das nicht so richtig vorstellen.“

Meist sind es die eigenen Erfahrungen, die zu einer Auseinandersetzung mit diesem Thema führen. Selbst der Journalist und Autor hatte so seine Erlebnisse: „In Pirna hatte ich eine Lesung mit Polizeischutz. Außerdem gab es einen Angriff auf eine Person, die im Buch auftauchte. Da sieht man auch, welche Angst Neonazis verbreiten können.“ Viele der jungen Leute nutzten die Gelegenheit, den Autor des Buches mit Fragen zu löchern. Der 24-Jährige stand bereitwillig Rede und Antwort zum brisanten Thema selbst und zu seinen gesammelten Recherchen. „Es war ein Stück Mut, dies zu veröffentlichen. Allerdings wollte ich damit auch einen Anstoß geben. Das Buch ist zu einem Hobby geworden. Es hätte mehr zu schreiben gegeben“, erklärt Martin Schäuble.

Und so verwandelte sich die anfängliche Fragestunde in eine recht lebhafte Diskussion, bei der selbst Schüler von ihren persönlichen Erfahrungen bei der Begegnung mit Rechtsradikalen erzählten.

„Ich fand diese Veranstaltung sehr interessant, denn es ist für mich wichtig, regelmäßig darüber informiert zu werden und auf dem aktuellsten Stand zu sein“, versichert Felix Riedel aus der 9. Klasse.

Sein im letzten Jahr erschienenes Buch widmete Martin Schäuble den Todesopfern rechter Gewalt in Sachsen und verwies bei seiner Lesung auch auf die Bedeutung von Riesa für die rechte Szene als Sitz eines NPD-eigenen Verlages, der das Parteiorgan „Deutsche Stimme veröffentlicht, sowie als Geschäftsstelle der Jungen Nationaldemokraten. „Mein Wunsch wäre es, wenn mehr Ausländer hier in eine Region kommen, wo es davon wenige gibt, damit Erfahrungen gesammelt und Vorurteile abgebaut werden“, sagt der Nachwuchs-Journalist. Hoffnung bleibt nach diesen nachdenklichen Minuten der Lesung. Auch bei den Schülern des Heisenberg-Gymnasiums. „Es gibt Leute, die werden es sicherlich wieder vergessen. Aber einige werden mehr darüber nachdenken“, kann sich Christoph Till durchaus vorstellen.