Von Jan Lange
In seinen Filmen packt Regisseur Ulrich Seidl immer wieder Themen an, über die keiner reden will. Auch mit seiner „Paradies“-Trilogie provoziert er wieder. Im ersten Teil „Liebe“ geht es um Sextourismus von Frauen, „Glaube“ handelt von einer einsamen Frau, die versucht Immigranten zu missionieren, und in „Hoffnung“ geht es um Übergewichtigkeit und ein Diätcamp. Alle drei „Paradies“-Filme sind im Rahmen des Neißefilmfestivals in der Kulturfabrik Mittelherwigsdorf zu sehen. Und die Organisatoren um Veronika Kirchmaier konnten mit Margarethe Tiesel auch eine der Protagonisten in die Oberlausitz holen.
Frau Tiesel, es heißt, dass Sie für den Besuch beim Neißefilmfestival sogar eine andere Veranstaltung abgesagt haben?
Ja, es war eine Lesung in Graz. Ich habe von den Machern des Neißefilmfestivals eine so nette Einladung bekommen, dass ich sie nicht ablehnen konnte. Lesungen in Graz, wo ich ja lebe, kann ich noch viele machen.
Sind Sie zum ersten Mal in Sachsen?
Ich war bereits in Leipzig. Aber nach Ostsachsen komme ich das erste Mal.
Sie haben den Film „Paradies: Liebe“ schon rund um den Globus präsentiert. Wo war es am eindrucksvollsten?
Spannend war es überall. Die Kinovorstellung in Serbien fand ich sehr nett, weil dort Tausend Leute gekommen sind.
Sie waren jüngst in New York. Haben Sie auch dort den Film vorgestellt?
Ja, der Film hatte jetzt seinen Kinostart in den Vereinigten Staaten. Den Leuten hat der Film gut gefallen, auch wenn die Amerikaner ja ein bisschen prüder sind.
Es gibt einige freizügige Szenen. Wie war der Dreh dieser Szenen?
Es ist nie leicht, an die eigene Schamgrenze zu gehen. Aber wenn man sich auf eine solche Arbeit einlässt, weiß man auch, was auf einen zukommt. Auch wenn wir sehr viel improvisiert haben. Man muss sich selber Grenzen setzen. So würde ich keinen Geschlechtsverkehr machen.
Die Rolle hat Sie schlagartig berühmt gemacht. Können Sie noch unerkannt auf der Straße laufen?
Ich werde jetzt von vielen Frauen angesprochen. Eine hat mir erzählt, dass sie nach dem Film ganz lange mit ihrem Mann diskutiert hat. In den Film geht es ja auch um modernen Kolonialismus. Wenn eine Frau älter ist oder nicht den Idealmaßen der Männer entspricht, muss sie sich eben im Ausland ihre Liebe erkaufen. In Ländern wie Kenia hat der Reisewahnsinn ganze Regionen kaputt gemacht.
„Paradies: Liebe“ läuft heute, 20 Uhr, in der Kulturfabrik Mittelherwigsdorf. Morgen, 20 Uhr, kommt „Paradies: Glaube“ und Sonnabend, 20 Uhr, „Paradies: Hoffnung“.