SZ +
Merken

„Es ist schön hier, aber wo sind wir eigentlich?“

Zum „Mega Ska & Reggae Open Air“ lud die Landskron Brauerei zur Abwechslung nicht in ihre Kulturhalle. Stattdessen feierten drei Bands und etwa 800 Besucher auf dem Brauereihof hinter der Halle.

Teilen
Folgen

Von Ingo Kramer

Eingegrenzt von Backsteinmauern und einer großen Bühne, bietet der Hof eine angenehme Atmosphäre. Es tut der Sache keinen Abbruch, dass es noch hell ist, als die Görlitzer Skagröße Yellow Cap die Bühne betritt. Eine halbe Stunde lang heizen die zehn Musiker mit einem Querschnitt durch die eigene musikalische Palette das Publikum an. „Wir sind heute dazu da, den Leuten den richtigen Rhythmus ins Blut zu schicken“, berichtet Sänger Kay Natusch und ergänzt: „Außerdem macht es uns froh, mit einer Ikone zu spielen, die seit den 60er Jahren mit ihrer Musik international erfolgreich ist.“

Bevor die „Ikone“, von der Kay Natusch spricht, die Bühne betritt, vergehen noch zwei Stunden. In der Zwischenzeit bringt die englische Skaband Hotknives das größtenteils (aber nicht ausschließlich!) jugendliche Publikum zum Tanzen. Ihre Mischung aus Ska und Rocksteady ist genau das, was die in Görlitz mittlerweile sehr zahlreichen Skaanhänger jetzt brauchen.

Eine Stunde vor Mitternacht ist es schließlich soweit: die Ikone, der in Jamaica geborene und seit 1969 in England lebende Reggae-Urvater Desmond Dekker betritt die Bühne, und etwa 800 Besucher beginnen vom ersten Takt an, sich im Rhythmus zu wiegen. Der kleine drahtige Künstler springt über die Bühne wie ein 20-jähriger und erweckt nicht im Mindesten den Anschein, dass er im vergangenen Jahr seinen 60. Geburtstag feierte. Doch nicht nur mit authentischen Klängen, die an die Wurzeln des Reggae heranreichen, sondern auch mit gewohnten Reggae-Botschaften á la „Good love sweet love to make the world a better place“ weiß der seit 35 Jahren im Geschäft erfolgreiche Künstler die Leute zu animieren. Da tut es der Sache keinen Abbruch, dass er offensichtlich keine Ahnung hat, in welcher Ecke Deutschlands er sich gerade befindet. Das bestätigt später auch Dekker-Bassist Gordon Mulrain im Interview: „Mir gefällt es sehr gut hier, es ist schön, wenn alle glücklich sind und Spaß haben, aber wo sind wir hier eigentlich?“ Die Frage verwundert kaum, schließlich spielt Mulrain genau wie die anderen vier Begleitmusiker seit mehr als zehn Jahren mit Desmond Dekker und hat in dieser Zeit die Welt gesehen: „Da weiß man kaum, wo man gerade ist.“

Hoch erfreut ist Mulrain, als er erfährt, dass die Party noch nicht zu Ende ist. Gegen ein Uhr beginnen Yellow Cap, der Lautstärke wegen jetzt in der Halle, mit dem zweiten Teil Ihres Programms und lassen das immer noch nicht müde Publikum weitertanzen. Dekkers Begleitmusiker sind dabei.