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Etat für 2003 steht auf Wackel-Füßen

Nach einer gefährlichen Gratwanderung hat Pirna vorerst wieder sicheren Boden unter den Füßen. Der Stadtrat hat am Dienstag im zweiten Anlauf den Haushalt für 2003 abgesegnet – allerdings gegen die Stimmen der CDU-Fraktion.

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Von Thomas Möckel

Als Pirnas Oberbürgermeister Markus Ulbig (CDU) zum Rednerpult ging, machte er schon rein äußerlich deutlich, wie locker die Haushaltsdebatte dieses Mal über die Bühne gehen soll: keine Krawatte, der obere Hemdknopf offen, die Ärmel hoch gekrempelt. Er hoffe, verkündete Ulbig, dass der Etat schnell beschlossen werde.

Und in der Tat brauchten die Abgeordneten nur reichlich anderthalb Stunden, um das angeschlagene Haushaltsschiff wieder auf Kurs zu bringen. Einzig Ulbigs Kollegen aus der CDU-Fraktion gaben sich konsequent und verweigerten dem Oberbürgermeister die Gefolgschaft. „Wir können dem jetzigen Etatentwurf nicht zustimmen. Denn mit diesem Werk kann die von der Verwaltung vorgeschlagene Konsolidierung des Haushalts nicht erreicht werden“, schäumte CDU-Fraktionschef Frank Ludwig. Mit dem jetzigen Plan tauche man nur in eine Scheinwelt ein, glaubt der Christdemokrat und resümiert: „Ich gehe davon aus, dass dieser Etat nicht von der Rechtsaufsicht genehmigt wird.“

Finanzieller Kahlschlag nach hinten verschoben

Grund seiner Befürchtung sind vor allem die kleinteiligen Vorschläge, mit denen andere Fraktionen die Verwaltung bei der vergangenen Haushaltsdebatte förmlich bombardierten. Auf die Verantwortlichen prasselten 36 Anträge hernieder. In aller Eile versuchte die Stadt, einige von ihnen in den Etat einzuarbeiten und dafür einen fraktionsübergreifenden Konsens zu erreichen. „Im Endeffekt hat sich damit aber nur der finanzielle Abbau bei Leistungen, der kommen muss, nach hinten verschoben“, orakelt Ludwig, „und es wurden Begehrlichkeiten geweckt, die irgendwann nicht mehr erfüllt werden können.“

Zwar wurde nach der Einarbeitung einzelner Anträge nun im Stadtrat das Stück Kooperation statt Konfrontation gegeben. Auch blickten vor allem Abgeordnete von SPD, PDS und Freien Wählern zufrieden drein, weil sie damit ein Stück ihres politischen Willens durchgedrückt hatten.

Doch an der kritischen Haushaltslage in Pirna haben alle Anträge nichts geändert. Das Geld wurde lediglich von einer Position auf die andere umgeschichtet. Der Spareffekt tendiert gegen Null.

Immerhin bewegt sich der Etat 2003 bei Einnahmen und Ausgaben in einer Größenordnung von rund 75 Millionen Euro, 47 davon im Verwaltungshaushalt, 28 im Vermögenshaushalt. Die Neuverschuldung liegt in diesem Jahr bei satten fünf Millionen Euro. In dieser Höhe muss die Stadt zusätzliche Kredite aufnehmen.

Angesichts dieser Summen gleichen die Änderungsvorschläge einem hilflosen Armrudern in tosender See. Denn gestritten wurde um viele Anträge, die zusammen gerechnet bei etwa 200 000 Euro liegen. Das sind rund 0,2 Prozent der gesamten Etatsumme. Nennenswerte Auswirkungen auf den Haushalt sind bei dieser Größenordnung nahezu ausgeschlossen.

Unbedeutende Summen werden umgeschichtet

Beispiel 1: Das Denkmal zur Erinnerung an die Opfer von Krieg, Gewalt und Vertreibung. Im Haushalt waren dafür 25 000 Euro vorgesehen. Die PDS ist zwar für das Denkmal, wollte es aber allein mit Spenden finanzieren. Zugestimmt wurde allerdings dem Vorschlag der Freien Wähler. Danach sollen nur 10 000 Euro der Gesamtsumme aus Spenden kommen. Deshalb kürzte die Stadt die im Etat veranschlagten Gerichtskosten von 300 000 Euro um den fehlenden Betrag und stockte die Denkmal-Kosten wieder auf.

Beispiel 2: Weitere Sanierung der Friedhofskapelle. Im Planansatz des Etats für 2003 standen 100 000 Euro. Die PDS wollte das Geld lieber für die Revitalisierung des Strömungsmaschinen-Geländes verwenden. Der Rat einigte sich darauf, dass die Summe als Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt 2004/2005 eingestellt wird. Das Projekt ist also nur aufgeschoben. Und weil der Planansatz in diesem Jahr nun bei Null liegt, muss der Bürger leiden: Die Kirche hat für den Fall einer solchen Entscheidung bereits angekündigt, dass die Friedhofsgebühren steigen.

Mit ihrem Antrags-Beschuss der Verwaltung haben SPD, PDS und Freie Wähler vor allem eines erreicht: Unbedeutende Beträge werden lediglich im Haushalt herum geschoben. Und bloß, weil diese Fraktionen um jeden Preis ihren Willen durchsetzen wollten, wäre beinahe der ganze Etat gekippt.

„Dabei hätte ich erwartet, dass alle etwas aus der momentanen Finanzkrise lernen“, frozzelt Ludwig. Und er gibt seinen Abgeordneten-Kollegen mit auf den Weg, dass man einer solchen Notlage durchaus etwas positives abgewinnen kann: „Krise ist ein produktiver Zustand, wenn man ihm den Beigeschmack der Katastrophe nimmt“, zitiert er Max Frisch.