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Euro schlägt Dollar

Frankfurt/Main - Der ins Stocken geratenen Vormarsch der amerikanischen Truppen auf Bagdad hat auch die leichte Kurserholung des US-Dollar gestoppt. Die amerikanische Währung ist nach einer kurzen Verschnaufpause wieder unter Druck geraten.

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dpa

Frankfurt/Main - Der ins Stocken geratenen Vormarsch der amerikanischen Truppen auf Bagdad hat auch die leichte Kurserholung des US-Dollar gestoppt. Die amerikanische Währung ist nach einer kurzen Verschnaufpause wieder unter Druck geraten. Der Euro konnte sich daher nach leichten Rückschlägen während der ersten Kriegstage im Irak wieder oberhalb der Marke von 1,07 Dollar festsetzen.

Derzeit gibt es auf jede neue Front-Nachricht hektische Reaktionen an den Devisenmärkten. Diese Nervosität lässt eine kurzfristige Prognose über die Währungsrelationen zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken Euroland und USA kaum zu. Ein - unerwartet - rascher Erfolg der alliierten Streitkräfte könnte aber dem Dollar noch einmal zu einem Zwischenspurt verhelfen, lautet die Einschätzung im Devisenhandel.

Doch längerfristig wird vor allem nach Meinung europäischer Finanzhäuser die US-Währung weiter an Boden verlieren. Immerhin hat der Greenback seit Anfang 2002 schon mehr als ein Fünftel seines Außenwertes verloren. Die französische Bank BNP-Paribas prognostiziert zum Jahresende 2003 einen Euro-Wechselkurs von 1,17 Dollar. Die Währungsexperten der Frankfurter Deka-Bank sehen die Gemeinschaftswährung in 12 Monaten bei 1,15 Dollar. Die Commerzbank hat sich auf ein Niveau von 1,10 Dollar eingestellt.

Die erst vier Jahre alte europäische Währung hat sich bereits zu einer Konkurrenz zum dominierenden Dollar gemausert. Das zeigt die derzeitige Stärke des Euro im Umfeld einer weltweiten politischen und militärischen Krise. Erstmals steht damit seit dem Zweiten Weltkrieg eine echte Anlage-Alternative parat. Bei früheren globalen Krisen profitierte der Dollar regelmäßig von seiner Funktion als politisch und ökonomisch sicherer Hafen. Im Irak-Konflikt hat der Euro diese Rolle mit Bravour übernommen.

Die schwache Flanke der weltgrößten Volkswirtschaft resultiert aus einem riesigen außenwirtschaftlichen Ungleichgewicht. Die Leistungsbilanz - als Ausdruck des Verhältnisses zwischen Verbrauch und eigener Wirtschaftskraft - ist seit Jahren defizitär. 2002 wies die amerikanische Leistungsbilanz einen Rekordfehlbetrag von rund 500 Milliarden Dollar auf. Die Differenz zwischen Import und Export von Waren und Dienstleistungen hat damit schon fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht.

Um dieses Loch zu finanzieren, ist ein sprudelnder Kapitalstrom aus dem Ausland nötig. Täglich müssen die Vereinigten Staaten zwischen einer und zwei Milliarden Dollar an den internationalen Kapitalmärkten an Land ziehen. Bilanzfälschungen ungeahnten Ausmaßes haben zudem das Vertrauen in US-Aktien erschüttert. Hinzu kommt nach einer langen Phase ausgeglichener öffentlicher Haushalte nun unter Präsident George W. Bush eine verstärkte Schuldenpolitik. «Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizite in dieser Größenordnung sind auf Dauer nicht finanzierbar», urteilt der Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der HypoVereinsbank, Thomas Hueck.

Doch der Zustrom anlagesuchenden Kapitals ist gebremst. Denn die US-Konjunktur dürfte - nicht zuletzt wegen der riesigen Belastungen des Krieges, der steigenden Arbeitslosigkeit und verunsicherter Verbraucher - erst Ende 2003 wieder an Fahrt gewinnen. Auch der Zinsabstand zwischen Europa und Nordamerika wird sich vermutlich als Belastung für den Dollar auswirken.

Für die weltweit zweitwichtigste Leitwährung hat die wiedergewonnene Stärke sowohl Licht- als auch Schattenseiten. Ein hoher Eurokurs verbilligt tendenziell die Importe - vor allem für Rohstoffe und Energie. Ein hohes Maß an Preisstabilität wiederum eröffnet der Europäischen Zentralbank (EZB) Spielraum, die Leitzinsen zu senken oder sie zumindest niedrig zu halten.

Für die Exportwirtschaft kann ein starker Euro - weit über das aktuelle Niveau hinaus - aber auch zu einem Problem werden. Immerhin zählen die USA für die großen Industriebranchen Auto und Maschinenbau zu den wichtigsten Absatzmärkten. Derzeit - so beruhigt die EZB - sei der gestiegene Eurokurs allerdings noch keine Belastung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.