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Ex-Kulturhauschef liest für Kinder

Bischofswerda. Auf dem Striezelmarkt in Dresden ist Heiner Lauber sehr gut beschäftigt – verschoben der Ruhestand, in den er sich verabschiedet hatte.

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Wie geht’s, Herr Lauber?

Gut. Ich habe viel zu tun. Und das tut mir gut.

Seit der Eröffnung des Striezelmarktes in Dresden vor zwei Wochen lesen Sie dort fast jeden Tag Grimms Märchen für Kinder. Haben Sie noch Stimme?

Aber ja. Ich habe ja eine ausgebildete Stimme. Übungen muss ich jetzt trotzdem ständig machen.

In Bischofswerda kennen wir Sie als ehemaligen Leiter des Kulturhauses, der auch Veranstaltungen moderiert hat oder als Stadionsprecher beim Bischofswerdaer Fußballverein 08. Woher die ausgebildete Stimme?

In meiner Jugend wollte ich Schauspieler werden und habe deshalbauf die Stimme wert gelegt. Eine Zeit lang war ich zum Beispiel in einem nicht ganz unbedeutenden Amateurtheater in Reichenbach.

Auf dem Striezelmarkt treffen wir Sie im Weihnachtsmann-Haus, verkleidet als Spielzeugmacher und ausgestattet mit tollen Märchenbüchern, die den Kindern auch der Illustrationen wegen sehr gefallen. Woher haben Sie diese Bücher?

Die Bücher gehören mir. Wir haben zu Hause einen großen Schatz. Meine Frau oder ich haben unseren heute erwachsenen Söhnen als diese Kind waren jeden Abend ein Märchen vorgelesen oder ihnen eine selbst erfundene Geschichte erzählt. Auch den Enkel lesen wir vor so oft das geht.

Die Erfahrung, Kinder mit Märchen zu erfreuen, ist jetzt für Sie also keine neue.

Das nicht, trotzdem habe ich mich glashart vorbereitet.

Das merkt man, denn Sie lesen den Kindern die Märchen nicht nur vor, sondern gestalten fast ein kleines Märchenstück.

Ja, ich habe meine eigene Interpretation und zu dem Zweck die Märchen förmlich auseinandergenommen, um in ihren Charakter einzudringen. Mein Rumpelstilzchen hat eine unverwechselbare Stimme.

Haben Sie sich auch darauf vorbereitet, sollten die Kinder fragen, warum der Wolf heute bei so vielen Erwachsenen nicht gern gesehen ist?

Mit solchen aktuellen Fragen habe ich mich beschäftigt.

Wie viele Kinder sind Ihr Gast?

Viele. An den Vormittagen sind wir im Weihnachtsmann-Haus ausgebucht. Da kommen vor allem Kindergärten. Die eine Gruppe hat das Haus noch gar nicht verlassen, da möchten die nächste schon, dass ich anfange. Ab Mittag kommen Großeltern mit den Enkeln oder Eltern mit den Kindern.

Wer entscheidet, welches Märchen es gibt?

Ich lasse die Kinder entscheiden.

Und da wird man sich einig?

Ich habe in einer Gruppe zwischen zehn und zwanzig Kindern – zwanzig Kinder, zwanzig Meinungen. Aber wir einigen uns immer wieder.

Sie sind noch bis zum 23.Dezember jeden Tag am Lesen. Das ist doch Stress!

Ja, aber diese Aufgabe macht mir auch unheimlich viel Spaß.

Und Ihre Frau macht das mit?

Ohne meine Frau könnte ich das hier nicht machen, und ohne sie hätte ich schon früher vieles im künstlerischen Bereich nicht machen können. Sie kann mit meinen langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten leben, aber sie interessiert sich auch sehr für das, was ich mache. Sie ist mein größter Kritiker. Sie hat alle meine Märchen für Dresden über sich ergehen lassen.

Als Sie 2003 das Kulturhaus als Leiter verließen, hatten Sie sich in den Ruhestand verabschiedet. Sie wollten Berge besteigen und die Welt bereisen. Warum ist daraus nichts geworden?

Ich habe mich zuerst ein halbes Jahr regeneriert, auch Berge bestiegen. Und ich bin dem Bischofswerdaer Fußball treu geblieben. Aber dann habe ich nach neuen Herausforderungen gesucht.

Die konnten Sie im Kulturhaus damals nicht finden?

Nicht unter den damaligen Bedingungen. Als Leiter war ich vor allem mit Kommunalpolitik beschäftigt. Eigene künstlerische Arbeit konnte ich kaum mehr machen. Heute fühle ich mich viel freier. Ich bin wieder künstlerisch tätig.

Sie haben einen sehr guten Draht zu den privaten Eigentümern des Kulturhauses über die Projekte, an denen Sie arbeiten. Welche sind das?

Im Moment ist das vor allem die Geschichte im Weihnachtsmann-Schloss auf dem Striezelmarkt. Aber ich bin als Freischaffender auch Manager der Gruppe „De Stöckwuzeln“, die bei der Weiß-Grünen Parade der Volksmusik 2006 im Kulturhaus Bischofswerda entdeckt worden ist und seitdem eine sehr gute Entwicklung nimmt. Am 24. Dezember, 18 Uhr sieht man sie im MDR-Fernsehen. Die Aufzeichnung lief gerade im Erzgebirge. Zurzeit bereiten wir uns für den deutschen Vorausscheid des Alpen-Grand-Prix vor.

Ist es richtig, dass es im Interesse der neuen Eigentümer des Kulturhauses war, dass Sie als Freischaffender auch das Volksmusikfest Weiß-Grüne im Kulturhaus managen?

Das ist richtig. Ich bin auch hier ganz stark eingebunden.

Und wie kam es zu Ihrem Engagement auf dem Striezelmarkt?

Über die Agentur Alexander & Partner, die für das Kulturprogramm verantwortlich zeichnet.Wir kannten uns, weil der Inhaber der Agentur, Alexander Siebecke, auch Mit-Gesellschafter des Kulturhauses Bischofswerda ist.

Aber Sie sollen auch als Gestiefelter Kater schon angenehm aufgefallen sein. Richtig?

Peter Siebecke, der überall in Sachsen, auch im Kulturhaus Bischofswerda künstlerische Fäden zieht, brauchte für eine Produktion meine Hilfe. Ihm war über Nacht jemand ausgefallen. Ich habe ausgeholfen und für den Gestiefelten Kater meine Stimme geliehen.

Und dabei wurden Sie als Märchenerzähler entdeckt.

So ungefähr.

Wie alt ist Heiner Lauber?

Das ist nicht so wichtig. Ich halte es inzwischen mit denen, die meinen, dass das keiner wissen muss, so lange man leistungsfähig ist.

Sei könnten sich aufs Altenteil zurückgezogen haben, stattdessen Stress. Soll das so bleiben?

Ja, warum auch nicht? Ich mache viel mit dem Kulturhaus Bischofswerda, dessen Entwicklung ich als absolut positiv einschätze. Alle, die wir dort tätig sind, arbeiten sehr auf den Bedarf bezogen. Auch wenn wir uns nicht sehen, wir stehen ständig in Kontakt. Aber wir sehen uns ganz schnell, sobald es eine Idee zu diskutieren gibt. Diese Arbeitsweise liegt mir.

Das Gespräch führte Gabriele Naß