Von Ralph Schermann
Oberbürgermeister Joachim Paulick hat seine anfängliche Skepsis bereits abgelegt. Wenn am 21. Dezember der Vertrag von Schengen auch nach Görlitz greift und die Grenzkontrollen verschwinden, ist das für den OB jetzt „ein positives Zeichen“. Denn „es wird normales Leben einziehen, die Freiheit spürbarer sein; das werden die Görlitzer schnell merken und zu würdigen wissen“. Das Stadtoberhaupt empfindet das schon jetzt: „Die gefühlte Sicherheit steigt.“
Bald mehr Kontrolle im Lande
Nicht jeder sieht das schon so eindeutig wie OB Paulick. Er und eine stattliche Reihe Politiker und Polizisten waren deshalb am Donnerstag bestrebt, den Bürgern ein Stück dieser „gefühlten Sicherheit“ erlebbar zu machen und Ängste abbauen zu helfen. Auf Präventionsveranstaltungen der Landespolizei im Saal der Landskron Brauerei und auf einer Podiumsdiskussion am Abend im „Gleis 1“ des Bahnhofes stellen sie sich den Fragen der Einwohner. Bei insgesamt nur knapp 200 Besuchern scheint der Bedarf an solchen Informationsrunden allerdings langsam gedeckt zu sein.
Ute John von der Görlitzer Bundespolizei informiert darüber, künftig verstärkt im 30-Kilometer-Streifen der Grenze mit mobilen Kontrollgruppen ihren Auftrag zu erfüllen. „Wir sind gut darauf vorbereitet.“ Sie sieht auch keinen Widerspruch zur Freiheit, wenn wirklich mal ein Einheimischer mehr als bisher in eine Polizeikontrolle geraten sollte: „Das ist dann unser Beitrag zur inneren Sicherheit“.
Sie glaubt nicht daran, dass Schengen einen Anstieg an Kriminalität mit sich bringt. Darin sieht sie sich einig mit dem stellvertretenden Zgorzelecer Bürgermeister Radoslaw Baranowski („Kein wirkliches Problem“) und dem Mitglied der EU-Kommission, Jean-Jacques Nuss: „Kleinkriminalität ist in Brüssel kein Grenz-Thema.“
Holger Löwe, Görlitzer Revierleiter, und sein Zgorzelecer Amtskollege Maciej Bielas würdigen die für die neue Lage längst ausgerichtete Zusammenarbeit ihrer Dienststellen. Im jeweils eigenen Land habe man genug zu tun, da werde „kaum etwas mehr herüberschwappen“, betont der polnische Beamte.
Musikrahmen vom Feinsten
Dass die Grenzöffnung Musik in den Ohren der Bürger sein kann, beweist die hervorragende Umrahmung beider Veranstaltungen. Das gut aufgelegte und unter Torsten Petzold bis in kleinste Zwischentöne präzise Landespolizeiorchester stellt erneut seinen Ruf als erstklassiges Ensemble unter Beweis. Im „Gleis 1“ überrascht ein Schülertrio aus der Ukraine auf traditionellen russischen Volksmusikinstrumenten mit einer beeindruckend furios gespielten Lebensfreude.