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Fährmann lässt Wehlener Gäste stehen

Stadt Wehlen

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Die letzte Fähre kurz vor Mitternacht nur noch von hinten zu sehen und nicht mehr nach Hause zu kommen, ist eine schreckliche Vorstellung. Familie Venus aus dem Wehlener Ortsteil Pötzscha ist genau das passiert.

Steffi Venus und ihr Mann waren kürzlich zur Familienfeier auf der anderen Elbseite in Stadt Wehlen. Abends wollten sie mit der letzten Fähre wieder nach Pötzscha zurück und beeilten sich, um pünktlich am Steg zu sein. „Mein Mann war bereits mit einigen anderen auf der Fähre und ich noch etwa 150 Meter entfernt“, berichtet Steffi Venus. Plötzlich geschieht das Unfassbare: „Der Fährmann legte einfach ab.“ Auf die Bitte des Ehemanns, noch einen Moment zu warten, reagierte der Fährmann nicht. Zunächst, so erzählt die Pötzschaerin, dachte sie: „Dann fahre ich halt mit der nächsten Tour.“ Doch nachdem die Fähre auf die Stadt Wehlener Seite zurückgekehrt war, schloss der Fährmann das Fahrzeug ab und stellte den Fährbetrieb ein. „Es war kurz vor Mitternacht und ich stand ohne meinen Mann, ohne Geld, ohne Handy und ohne Jacke bei fünf Grad Celsius am falschen Elbufer.“ Steffi Venus schüttelt es bei dem Gedanken heute noch. Mit ihr war ein weiterer Fahrgast stehen gelassen worden. Auf die Bitte, noch mal zu fahren und dafür einen Obolus von fünf Euro zu nehmen, habe der Fährmann mit „unhöflichen Bemerkungen“ reagiert. Er sei murrend in sein Auto gestiegen und weggefahren.

Was nun? Mit öffentlichen Verkehrsmitteln spätabends aus Stadt Wehlen wegzukommen, ist unmöglich. Der letzte Bus in Richtung Pirna fährt 18.20 Uhr, die S-Bahn verkehrt auf der Pötzschaer Seite.

Lauthals über die Elbe gerufen

So blieb den beiden nichts anderes übrig, als sich lautstark über die Elbe mit den anderen Familienangehörigen zu verständigen. Schließlich gelang es, eine nette Anwohnerin aus Pötzscha zu gewinnen, die über Pirna nach Wehlen fuhr, um die beiden abzuholen. „Durchgefroren kam ich gegen 2.30 Uhr nach Hause“, sagt Steffi Venus. So etwas sei ihr noch nie passiert.

Bei der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz ist die schriftliche Beschwerde von Steffi Venus eingegangen. Der zuständige Einsatzleiter in Bad Schandau, Uwe Wiesner, hat mit dem Fährmann Sandro Weller, der am Freitagabend Dienst hatte, gesprochen. Aus seiner Sicht sei die Situation anders gewesen. Die Fahrgäste hätten sich vorher erkundigt, wann die letzte Fähre ablege. Er habe ihnen 23.45 Uhr gesagt, bewusst fünf Minuten vor der fahrplanmäßigen Zeit. Nach Ansicht Wellers müssen sich die Fahrgäste an die Zeiten halten. Über die wohl eher scherzhaft gemeinte Bemerkung der angeheiterten Fahrgäste, dass er wegen der beiden noch zum Fährsteig eilenden Nachzügler wohl Überstunden machen müsse, habe er überhaupt nicht lachen können. Außerdem wären keine Personen in Sichtweite gewesen, auf die er hätte warten müssen. Warum er trotz der Aufforderung der Fahrgäste auf seiner letzten Fahrt nicht gewartet hat und sich nicht auf eine zusätzliche Fahrt eingelassen hat, bleibt in den Erklärungen offen.

Auch Einsatzleiter Wiesner hat für seinen Kollegen wenig Verständnis. „Er hätte sich kein Bein rausgerissen, wenn er noch mal gefahren wäre“, sagt er. Eine offizielle Entschuldigung gibt es jedoch noch nicht. Seit gestern hat Uwe Wiesner die schriftliche Beschwerde auf dem Tisch. „Ich werde mich um eine schnelle Antwort kümmern“, sagt er. Falls zu den gegensätzlichen Auffassungen kein Konsens gefunden werde, müsse man sich noch einmal zu einem Gespräch gemeinsam an einen Tisch setzen, sagt Wiesner.