Von Ralph Schermann
Fahrraddiebstahl bleibt ein großes Problem. „Wo wir Schwerpunkte erkennen, sind wir verstärkt im Einsatz“, sagt der Leiter des Görlitzer Polizeireviers, Dirk Linczmajer. Vor allem in der Alt- und Nikolaivorstadt häufen sich die Fälle, insgesamt aber ist die gesamte Region betroffen.
2014 gab es im Landkreis Görlitz 1 655 Fahrraddiebstähle, 529 mehr als 2007. Für die Polizei ist das ein Riesenproblem: Nur 14 Prozent dieser Diebstähle wurden im vorigen Jahr aufgeklärt, auch wenn immer wieder von größeren Erfolgen die Rede ist. So hob die polnische Polizei nach Hinweisen ihrer Görlitzer Kollegen zum Beispiel bei Legnica (Liegnitz) ein Lager mit 63 neuwertigen Fahrrädern aus. Auch die Gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße (GFG) meldet immer wieder Erfolge, insgesamt gesehen bleiben diese aber gering.
Die Zunahme von Fahrraddiebstählen ist trotz der Görlitzer Grenznähe ein bundesweites Phänomen. Bei polnischen Tätern hat sich obendrein zum reinen Diebstahl, teils auch nur des Metallwertes wegen, immer häufiger eine Form der Beschaffungskriminalität gesellt. Oft haben die Ermittler Hinweise darauf, dass sich Drogenabhängige damit ihre Sucht finanzieren. Conny Stiehl, Präsident der Polizeidirektion Görlitz, wagte bereits einmal den Vergleich des Fahrrades als „neue Währung“. Auf diese Diebstahlsart deutet auch der zunehmende Wechsel hin: Täter lassen ein älteres geklautes Rad sofort liegen, wenn sie eines hochwertigeren habhaft werden können. Ein Teil der erwischten Täter waren bisher zudem Deutsche. Und statt nur auf öffentlichen Straßen und Plätzen Fahrradschlösser zu knacken, stammen rund 30 Prozent aller gestohlenen Zweiräder mittlerweile aus Einbrüchen in Keller von Wohnhäusern. „Wir raten daher allen Bürgern, privates Eigentum besser zu sichern: Auch im Keller gehört das Schloss ans Fahrrad, und die Kellertür muss schon abgeschlossen sein“, sagt Polizeioberrat Dirk Linczmajer. Empfohlen wird zudem die Möglichkeit, sich sein Fahrrad bei den regelmäßigen Aktionen der Verkehrswacht codieren zu lassen. Das schützt zwar nicht direkt vor Diebstahl, bietet jeder Polizeistreife aber sofort die Möglichkeit, das Rad als Diebesgut zu erkennen.
Besorgt über den ständigen Fahrradklau zeigt sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), der auch in Görlitz präsent ist. „Keiner möchte zu spät zur Arbeit erscheinen oder den Einkauf zu Fuß nach Hause tragen, weil jemand sich sein Zweirad geschnappt hat“, sagt Sachsens ADFC-Vorsitzender Olaf Matthies. Um dem Problem Herr zu werden, müsse an mehreren Punkten angesetzt werden: „Sichere Abstellmöglichkeiten gehören nicht nur an zentrale Plätze, sondern überall dorthin, wo Menschen ihr Rad parken wollen. So können die Radfahrer der Forderung von Polizei und den Versicherungen nachkommen und ihre Räder an feste Gegenstände anschließen“, erklärt der Rad-Fachmann. Zwar habe sich in jüngster Zeit einiges getan, zum Beispiel an den Görlitzer Nahverkehrs-Endstationen, doch das reicht nicht aus. Matthies fordert von der Sächsischen Staatsregierung, Görlitz und weiteren betroffenen Städten mehr Fördergeld in die Hand zu geben, um den Bau von Fahrradabstellanlagen voranzutreiben.
„Auch auf der polizeilichen Seite muss aber mehr getan werden“, fordert Olaf Matthies. „Warum gibt es keine Sonderermittlungsgruppen?“, fragt er. Auch Fahrräder ließen sich mit GPS orten und das Internet nach Hehlerware überwachen. Doch auch das helfe freilich wenig, so lange sich die Radfahrer nicht selbst besser gegen Diebstahl schützen. Der ADFC empfiehlt, zehn Prozent des Kaufpreises in die Sicherheit des Fahrrads zu investieren. Das Fachblatt „Guter Rat“ kam nach einem Test von Fahrradschlössern jetzt ebenfalls zu dieser Empfehlung. Vor Diebstahl schützen danach am besten Kettenschlösser. Auch eine polizeiliche Beratungsstelle vermittelt Hinweise zum Schutz vor Fahrraddiebstahl.