Von Ina Riedel
An der Pinnwand in der Küche findet man alles, worum sich das Leben der Familie Pförtner in Bischofswerda dreht: Den Stundenplan von Sohn Domenic (13) aus der 7. Klasse im Goethe-Gymnasium; die Geburtstagsliste der Vereinsmitglieder des Bischofswerdaer Sportvereins (BSV), den Mann Hanno Pförtner leitet, manchmal auch die Punktspiele seiner Billardmannschaft vom BSV. Eigentlich fehlt nur der Schichtplan von Vater Hanno. Er arbeitet als Fahrdienstleiter der Bahn im Stellwerk Dresden-Altstadt. Doch den Schichtplanhat Kerstin Pförtner im Kopf. Sie weiß auch genau, wann ihr Sohn Stanley (20) abends von seiner Lehre aus Dresden und wann Kochlehrling Raik (20) aus Kamenz eintrudelt. Raik wurde vor fünf Jahren ganz selbstverständlich als drittes Kind in die Familie aufgenommen. „Er wusste nicht, wohin und war mit unserem Stanley gut befreundet. Da schlugen wir ihm vor, bei uns zu wohnen. Dabei blieb es.“
Zeit für sich, muss Familie Pförtner organisieren. Mutter Kerstin pendelt von Donnerstag bis Montag berufsbedingt zwischen Bischofswerda und Schirgiswalde, wo sie seit drei Jahren als Servierkraft arbeitet. An Wochenenden und Feiertagen sieht sich die Familie daher nicht. Die 38-Jährige sieht das locker. Sie lebe auf, seit sie diese Arbeit hat. „Es ist mein Traumjob, denn ich liebe es, mit Menschen umzugehen, brauche die Abwechslung und arbeite gern in familiärer Atmosphäre.“
Inzwischen hört die Bischofswerdaerin vom Oberland fast mehr als über ihre Heimatstadt Bischofswerda. Einmal pro Woche erfährt sie von Freundin Ute mal das „Neue“. „Aber ganz ehrlich: Man pendelt zwischen zwei Welten. Hier die Wohnwelt – dort die Arbeitswelt.“ Zu Hause fühlt sich Kerstin Pförtner dennoch in Bischofswerda: „Ich wohne seit 22 Jahren in Bischofswerda. Ich bin Schiebockerin und ich bleibe Schiebockerin.“ Nur ein bisschen mehr Stadt-Kultur würde sich die junge Frau abends wünschen . Auch mal unter der Woche.
Das Berufsleben stellte die Bischofswerdaerin vor Herausforderungen. Als Facharbeiterin für Textiltechnik wurde sie kurz nach der Wende nicht mehr gebraucht. Sie hat sich deswegen zur Kauffrau für Bürokommunikation umschulen lassen und das nie bereut. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass sie für die Arbeit im Büro nicht geschaffen ist. Nach der Umschulung widmete sich Kerstin Pförtner viele Jahre der Erziehung ihrer Kinder und übernahm die Rolle als Familienmanagerin.
Mit der Einschulung ihres Jüngsten 2001 engagierte sie sich im Förderverein der Grundschule Kirchstraße, wurde Stellvertretende Vorsitzende. Oft begleitete sie Sohn Domenic zum Tanztraining im Tanzsportclub Blau-Gold oder fieberte mit Stanley, der beim Billard so manche gute Platzierung auf Landesebene und sechs Jugendkreismeistertitel holte.
Kontakt per SMS
Jetzt ist Kerstin Pförtner Managerin der Familie und berufstätig. Alles unter einen Hut zu bringen, ist schwierig, sagt sie. Per SMS hält sie Kontakt zu ihren Kindern. Ehemann Hanno ruft an. Wäsche und Einkauf werden an den zwei freien Tagen in der Woche erledigt. Was sie da nicht schafft, bleibt liegen.
Dankbar ist Kerstin Pförtner ihren Eltern und Schwiegereltern, ohne die manches nicht möglich wäre. Den Zusammenhalt in der Familie, den viele heute so vermissen, gibt es bei den Pförtners noch. Ein Grund ist die Tatsache, dass beide Omas und Opas in Bischofswerda leben und die Enkel auf kurzem Weg „rüberspringen“ können.