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Familienglück zwischen Duroplast

Vor 50 Jahren rollte der erste 601er vom Band. Auch heute noch ist der Trabant Rennpappe und Arbeitstier.

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Von Steffen Gerhardt

Der Trabant verbindet – und wer wüsste das nicht besser als zwei Görlitzer. Sie hat der Trabi zusammengebracht und heute sind sie eine Familie mit zwei Kindern. Daniel Himpel schmunzelt auch heute noch darüber, dass er durch das DDR-Kultauto mit seiner Duroplast-Karosserie nicht nur seine Ehefrau Christiane kennengelernt hat, sondern auch eine Gleichgesinnte, die ebenfalls auf den Sachsenring-Zwerg abfährt – und selbst einen besitzt. „Das erste Mal getroffen haben wir uns zu einem Trabi-Treffen in Freital. Das war 2002“, sagt Daniel Himpel. Aber der Sachsenring als Logo auf der Motorhaube war den beiden nicht genug. Sie wollten auch den Ehering. Den streiften sie sich zwei Jahre später über. Geheiratet wurde standesgemäß, wie es sich für einen Trabifan gehört. „Unser Hochzeitswagen war ein 500er Trabant, begleitet von einem Autocorso aus vielen Trabis“, erzählt Christiane Himpel, die als Krankenschwester in Görlitz arbeitet.

Die Trabantfamilie:  Daniel und Christiane Himpel aus Görlitz-Königshufen lieben den Trabant und jeder hat auch einen. Darüber hinaus sind beide in Trabiklubs organisiert, und sie fahren mit ihren beiden Kindern auch in zwei Trabis und mit Wohnwagen in de
Die Trabantfamilie: Daniel und Christiane Himpel aus Görlitz-Königshufen lieben den Trabant und jeder hat auch einen. Darüber hinaus sind beide in Trabiklubs organisiert, und sie fahren mit ihren beiden Kindern auch in zwei Trabis und mit Wohnwagen in de
Der Arbeiter: Lothar Heintschel aus Ebersbach fährt mit dem Trabi täglich auf Arbeit zu einer Görlitzer Baufirma. Er ist der einzige, der im Trabi kommt.
Der Arbeiter: Lothar Heintschel aus Ebersbach fährt mit dem Trabi täglich auf Arbeit zu einer Görlitzer Baufirma. Er ist der einzige, der im Trabi kommt.

Die beiden 34-Jährigen haben sich trabimäßig organisiert, und zwar jeder für sich. Daniel Himpel gehört den Görlitzer „Zwei Takt Cowboys“ an, einer Schraubergemeinschaft, die ihr Domizil in Holtendorf hat. Seine Frau ist Mitglied im Trabant-Ifa-Club Löbau-Zittau. Am Klubleben nehmen beide rege teil, auch an den Treffen der ostdeutschen Trabiszene. „Unsere Kinder sind inzwischen fünf und zehn Jahre alt, und sie nehmen wir immer mit“, sagt Christiane Himpel. Standesgemäß rollt die Familie im 601er zu den Treffen. Jenem Trabi-Typ, der zu Monatsbeginn vor 50 Jahren in Zwickau das erste Mal vom Band rollte.

Christiane Himpel fährt einen in auffälligem Blau und Orange lackierten 601er. Daniel Himpel, von Beruf Kfz-Elektriker und bei einem Reifendienst beschäftigt, hat einen Trabi 1.1. Also den Viertakter mit VW-Motor. „Ich habe ihn von der Karosserie her aber zurückgebaut, sodass er wie ein 601er aussieht. Der Motor ist aber sehr kräftig, zumal ich bei unseren Reisen den Wohnwagen ziehe“, erklärt er. Der Wohnwagen passt natürlich zum Trabi – es ist ein Queck Junior aus DDR-Produktion. Auffällig ist auch sein Trabi, den er wie ein Fahrzeug der Deutschen Verkehrspolizei lackiert hat. „Zu den Treffen kommt noch Blaulicht drauf und ich streife mir meine VP-Uniform über.“ Denn Daniel Himpel ist auch ein großer Sammler von allem, was mit der DDR-Volkspolizei zu tun hat.

Im Landkreis Görlitz sind noch rund 700 Trabants zugelassen. Das sind nicht mehr viele. Trabi-Not herrscht dagegen bei Familie Himpel nicht: „Wir haben insgesamt neun Trabis in Familienbesitz, auch mein Bruder fährt einen“, sagt Daniel Himpel. Was den Himpels noch in ihrer Sammlung fehlt, ist ein armeegrüner Kübel-Trabi. „Die sind sehr schwer zu bekommen, und wenn, dann ganz schön teuer“, weiß der Trabifahrer aus Erfahrung.

Über diesen Wunsch lächelt Lothar Heintschel nur. Der Ebersbacher hat so einen „Grenztruppenkübel“. „Sogar mit Anhänger und alles noch im Originalzustand“, schwärmt der 58-Jährige. „Der Kauf vor vier Jahren war ein Zufall, als wir erfuhren, dass jemand in Dresden das Fahrzeug loswerden wollte. Also legten mein Bruder, mein Sohn und ich das Geld zusammen und wir kauften den Trabi samt Anhänger“, erzählt Lothar Heintschel. Mit dem „Kübel“ unterwegs sind die drei Herren aber nur zu besonderen Anlässen. Im Alltag fährt Lothar Hentschel seinen sandgelben 601er. „Er ist Baujahr 1985, hat den zweiten Motor drin und bringt mich jeden Tag zur Arbeit nach Görlitz und zurück.“ Und das, obwohl der Trabi nur im Garten bei Heintschels parkt. „Seine Zuverlässigkeit kann ich nur loben“, so sein Fahrer. Das charakterisiert den Trabant: einfach und robust – und man kann selbst Hand anlegen. Das macht der Vater einer Tochter und eines Sohnes, zumal dieser gelernter Kfz-Schlosser ist. Eine Werkstatt von innen gesehen haben Heintschels Trabis noch nicht, und der Gelbe ist schon die vierte Limousine, die die Familie seit 1985 fährt.

Mehr als ein Arbeitstier ist der Trabant von Peter Gareis in Kaltwasser. Der 62-Jährige nennt ihn seine Rennpappe. Es ist ein Trabant 601 RS, den der Berufskraftfahrer in eineinhalb Jahren aus einem Trabi vom Band umgebaut hat. Seit 1995 fährt er Rennen damit und ist auf den großen Strecken wie Schleizer Dreieck, Lausitzring, oder, wie vor einigen Wochen erst, auf dem Sachsenring mit seinem weiß-blauen Trabi dabei. „Fürs Treppchen hat es noch nicht gereicht, aber vierte und fünfte Plätze habe ich schon errungen“, sagt der Hobby-Rennfahrer. Seit einigen Jahren steht auch sein Neffe Marcel mit in der Startreihe. „Ja, ich begeisterte ihn für den Trabirennsport und er fährt im eigenen Trabant die Rennen.“ Peter Gareis will diese Runden drehen, solange wie es ihm Spaß macht. Derweil baut er einen zweiten Trabi zum Cabrio um. Dafür hat er sich einen Umbausatz besorgt.

So ein offener Trabant wäre auch noch etwas für Daniel Himpel. Umbauen könnte er ihn in der Bastlerwerkstatt der Zwei-Takt-Cowboys.

http://zwei-takt-cowboys.npage.de