Von Anja Weber undThomas Kühnel
Harold L. Joyce wird als Vater der TT-Bahnen bezeichnet. Er brachte 1946 erste handelsübliche Modelle auf den Markt. In Deutschland entstanden erste Modelle dieser Spurweite ab 1947/48.
Erster Großserienhersteller war die Firma Rokal, benannt nach den Firmengründer Robert Karmann in Lobberrich. 1973 wurde die Produktion eingestellt. Die von Werner Zeuke erstmals gefertigten Spielzeugmodelle waren die Keimzelle für die 1957 beginnende Serienproduktion der Spurweite TT in Berlin. Doch wie kam TT nach Sebnitz?
Der Ursprung der Gleisproduktion liegt bei der Firma Pilz, einem Schlossereibetrieb, den es schon vor dem zweiten Weltkrieg gab. Gleise stellte Fritz Pilz damals aber noch nicht her. Wie es dazu kam, darüber gibt es mehrere Geschichten. Eine davon weiß Liane Tillig, die Frau von Geschäftsführer Hans-Jürgen Tillig zu erzählen. „Fritz Pilz hatte zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Für ihn wollte er zu Weihnachten eine Eisenbahn aufbauen. Loks und Waggons hatte er. Es fehlten die Gleise. Also stellte er an der heimischen Werkbank Formen für ein gerades und gekrümmtes Gleis her.“ Das sprach sich herum und so entstand aus dem Schlossereibetrieb die Gleisproduktion auf dem Burggäßchen in Sebnitz.
1987/88 wurde Hans- Jürgen Tillig dort als Betriebsteilleiter eingesetzt. 1991 machte er sich dort mit zwölf Beschäftigten selbstständig. Zu damaliger Zeit wurden bereits TT-Gleise und Zubehör in Berlin hergestellt. Aber die Firma produzierte noch mit alten Knowhow. Also wurde in Sebnitz begonnen, neue Gleise zu entwickeln. Das Berliner Unternehmen war dabei der wichtigste Abnehmer. „Wir waren damals 30 Mann und sind ganz gut durchgekommen. Doch dann blieben die Zahlungen von Berlin aus“, erinnert sich Liane Tillig. Ein erstes Vorzeichen. 1993 ging das Unternehmen in Konkurs und Hans-Jürgen Tillig erhielt den Zuschlag für Teile der Konkursmasse. 1994 zog das Modelleisenbahnwerk in die alte Sebnitzer Glasfaserindustrie auf der Langen Straße, wo man sie auch noch heute antrifft. Im Oktober 1996 wurden 50 Jahre TT-Spur gefeiert. Zwei Jahre später wurde das werkseigene Museum ebenfalls auf der Langen Straße eröffnet. Es ist auf zwei Etagen verteilt. Dort findet der Besucher auf etwa 200 m² Modelleisenbahntechnik. Die kleinen Eisenbahnmodelle sowie einige Modelleisenbahnstrecken befinden sich hinter Glaswänden. Unter den kleinen Eisenbahnen gibt es antike Stücke, aber es werden auch die neuesten Modelle aus der Produktpalette präsentiert.
2001 folgte ein weiteres Kapitel in der Firmengeschichte. Die Sebnitzer kauften die in Konkurs gegangenen Sachsenmodelle in Zittau auf und führen ihn als Zweigbetrieb weiter. Derzeitg arbeiten in dem Unternehmen 183 Beschäftigte. Die Personalstärke soll beibehalten werden, so Liane Tillig. Um am Markt zu bleiben, werden am Computer und in den Werkshallen Produkte neu- und weiter entwickelt. Das ist nicht gerade billig. Eine Dampflok besteht beispielsweise aus über 200 Einzelteilen. Die Entwicklungskosten mit Werkzeugbau belaufen sich auf über eine Viertel Millionen Euro für einen dieser kleinen Schienenflitzer.