Aufbruchstimmung bei der FDP. So jedenfalls der Eindruck, wenn man die Bekanntmachungen der Coswiger Ortsgruppe liest. Der Ortsverein unter der Führung von Alf Schwaten greift jetzt sogar nach Gemeinderatssitzen im benachbarten Weinböhla. Mit drei Kandidaten nimmt sich die Liste im Vergleich zu den anderen Parteien zwar bescheiden aus, aber immerhin versucht die Partei mitzuspielen.
Vom Volkszorn getragen
Bisher gelang das nur Gruppierungen, die von einem Thema getragen wurden, das den Volkszorn erregt hatte. In den Neunzigern war das die Bürgerinitiative Weinböhla (BIW), die fast die Macht im Rat übernahm und die ihrer Meinung nach falsche Abwasserpolitik der Gemeinde korrigierte.
2004 war es der Verein Verkehrswege Weinböhla e.V. Die Macher hatten sich auf die Fahnen geschrieben, den Ausbau der Köhlerstraße zur Staatsstraße zu verhindern. Sie sorgten für eine Blutauffrischung bei der damals durch etliche Austritte aus dem Führungsgremien ausgezehrten BIW.
Ein solches Thema fehlt der FDP aber, beziehungsweise wird händeringend gesucht. Spitzenkandidat ist der Versicherungsfachmann Ronny Geidelt. Er sieht ganz allgemein Defizite in der Politik für Familien, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind. Allerdings ein Thema, das nicht auf Weinböhla beschränkt ist und hier auch wahrscheinlich nicht gelöst werden kann. Es wäre denn auch ein Riesenerfolg, wenn die Liberaldemokraten überhaupt den Sprung in den Gemeinderat schaffen, hofft Sprecher Andre Prager,
In Coswig stehen die Liberalen fast genauso da. Auch hier fehlt ihnen ein zündendes Thema. Das letzte – die Privatisierung des Fährbetriebes – erwies sich als klassischer Rohrkrepierer. Jahrelang waren die Blaugelben durch die Stadt gezogen und hatten Coswigs Betreibermodell der Fähren als Spielzeug der Stadtverwaltung verhöhnt und genüsslich die Kosten vorgerechnet. Zum Jahreswechsel 2007 wurden die Fähren dann an einen privaten Betreiber abgegeben. Mit Tausenden Euro an Zuschüssen durch den Landkreis, die Stadt Coswig und die Gemeinde Klipphausen.
Im Dezember 2008 sah es dann plötzlich so aus als würden die Fähren jeden Moment auf Grund laufen. Der private Betreiber schmiss hin. Jetzt ist man froh, dass man die Verkehrsgesellschaft Meißen halb nötigen konnte, ihren Transportbereich um einen maritimen Zweig zu erweitern. Die FDP schwieg dazu. Schub für den Coswiger Wahlkampfs versprechen sich die Liberalen eher von zwei Überläufern aus den Reihen den DSU. Ralf Binder saß bisher für diese Partei im Stadtrat und Rainer Trültzsch arbeitet als „Sachkundiger Einwohner“, so die amtliche Bezeichnung, in einem Ausschuss des Stadtrates mit.
Beide wechselten auf eigenen Wunsch zur FDP und wurden nicht etwa abgeworben, bestätigt FDP-Sprecher Prager.
Keine Ausnahmen mehr
Dabei könnte sich an der Personalie Ralf Binder schon ein rein formales Problem aufwerfen. Denn Binder lebt in Weinböhla. In den Stadtrat gewählt werden dürfen allerdings nur Bewohner der Stadt. Binder hat allerdings sein Geschäft in Coswig. Diese Ausnahme galt lange Jahre für Bäckermeister Helmut Franke (CDU). Doch ausgerechnet Bernhard Kroemer (Bürgerliste), der damals noch für die CDU die Wahlkämpfe organisierte, will diese Ausnahmen nicht mehr gelten lassen. Die FDP sieht das noch gelassen.
„Wir haben vom Rathaus eine Bestätigung über die Wählbarkeit von Herrn Binder bekommen“, sagt Andre Prager. „Also tritt er auf Platz zwei auch an.“
Torsten Oelsner