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Feralpi verkauft seinen Strom an der Börse

Wegen der Wirtschaftskrise produziert das Stahlwerk nur nachts. Der Strom für die Tagesproduktion geht an die Energiebörse.

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Die Wirtschaftskrise macht große Unternehmen erfinderisch. Um Geld zu sparen, verkauft beispielsweise Feralpi Stahl Riesa im September und Oktober die Hälfte seines Stroms an der Leipziger Energiebörse (EEX). Innerhalb der Woche wird nachts Stahl produziert. Tagsüber stehen die Maschinen still, der Strom wird verkauft. Möglich macht das die Liberalisierung des Strommarktes 1998. Damals fiel die Monopolstellung großer Energieanbieter weg, so dass auch kleinere Konzerne mit Strom handeln können.

Gearbeitet wird nachts

Mit dem Energieverkauf will Werksleiter Frank Jürgen Schaefer einen Zwang, in der sich die Stahlindustrie befindet, zu seinem Vorteil nutzen. „Den Strom, den wir heute benutzen, haben wir bereits vor zwei Jahren gekauft. Das müssen wir machen, weil wir einen so großen Energiebedarf haben“, sagte Schaefer. Es sei natürlich schwer zu kalkulieren, wie sich die Produktion des Unternehmens in diesen zwei Jahren entwickelt. Und da die Stromkonzerne auch kalkulieren müssen, heißt es knallhart: nehmen oder kaufen. Für Feralpi heißt das, dass sie entweder die gesamte vereinbarte Strommenge abnehmen oder eben eine Vertragsstrafe zahlen müssen.

„Wir wussten, dass es für uns keinen Sinn macht, die Lagerhallen mit unserem Stahl vollzustopfen. Wir mussten die Produktion drosseln, nur das ist auch wirtschaftlich“, sagte Schaefer. Seine Mitarbeiter arbeiten jetzt in der Woche jede Nacht von 20 Uhr bis zum kommenden Morgen um 8 Uhr. Tagsüber bringe der Strom einfach mehr Geld ein, denn die meisten Unternehmen ohne Schichtsystem sind bei Tageslicht am energiehungrigsten – und die zu erzielenden Strompreise damit am höchsten. Am Wochenende hingegen, wenn der Handel ruht, produziert Feralpi rund um die Uhr. „Wir haben unser gesamtes Schichtsystem darauf abgestimmt. Das ziehen wir zwei Monate durch, mal sehen, wie das alles läuft“, sagte Schaefer. Im November und Dezember wird die Produktion wieder auf 15 Schichten umgestellt – von montags 6 Uhr bis samstags 6Uhr, das Wochenende bleibt produktionsfrei.

Robert Reuther