Fernsehturm: Das fordern die Anwohner

Es gab es nicht nur glückliche Fernsehturmbesucher am vergangenen Sonnabend, die den Weitblick bei Kaiserwetter genossen. Es gab auch Dutzende frustrierte Anwohner, deren schlimmste Befürchtungen bestätigt wurden. Die Straßen und Wiesen rings um den Turm waren zugeparkt, Autos konnten sich nur noch mit Mühe begegnen. „So kann das nicht bleiben, wenn der Turm wieder öffnet. Die Infrastruktur muss verbessert werden“, sagt Hendrik Haufe, der seit 52 Jahren am Fuße des Turmes wohnt. Gemeinsam mit seinen Nachbarn sagt er im SZ-Gespräch, was für die Anwohner wichtig ist.
Problem 1: Marode Zufahrtsstraßen
Es gibt nur drei Wege, die zum Turm führen. Einer verläuft von der Pillnitzer Landstraße über die Staffelsteinstraße und den Wachwitzer Höhenweg. „Die Staffelsteinstraße ist nicht nur kaputt, sondern stellenweise sehr eng, stark geneigt und kurvig“, sagt Anwohner Stefan Döring. Weiter gehe es durch ein komplettes Wohngebiet. Weg Nummer zwei führt von der Pillnitzer Landstraße über die Wachwitzer Bergstraße zum Turm. Auch sie ist eng, steil und kurvig, ihr Zustand schlecht. Autos können sich stellenweise kaum begegnen. Die dritte Alternative führt vom Ullersdorfer Platz über die Holperpiste Quohrener Straße weiter über Gönnsdorf und Pappritz. Auf allen drei Wegen zum Turm gilt abschnittsweise eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, außerdem sind sie zum Teil auf fünf Tonnen Gewicht beschränkt. „Keiner der Zufahrtsstraßen ist für bis zu knapp 150 000 Fahrzeuge geeignet, die laut Machbarkeitsstudie jährlich zum Fernsehturm kommen sollen“, sagt Döring. Bei allen seien umfangreiche Sanierungen nötig, um den Zusatzverkehr aufzunehmen.
Problem 2: ÖPNV zu langsam
Mit der Buslinie 61 können Besucher bis zum früheren Fernsehturm-Parkplatz fahren. Diese verkehrt wochentags alle 20 Minuten, am Wochenende alle halbe Stunde. Von dort ist es ein rund 600 Meter langer Fußweg zum Turm. Allerdings: Die durchschnittliche Anfahrtszeit für Dresdner und Touristen beträgt mit Bus und Bahn rund 65 Minuten. Mit dem privaten Pkw ist der Fernsehturm im Mittel in der Hälfte der Zeit, in rund 32 Minuten, erreichbar. „Da ist für mich klar, dass die meisten mit dem Auto kommen werden“, sagt Anwohner Alexander Rohr.
Problem 3: Fehlende Parkplätze
Der alte Parkplatz des Fernsehturmes wurde verkleinert, derzeit stehen dort lediglich 33 Plätze zur Verfügung. Der Oberwachwitzer Weg am Turm ist sehr schmal, sodass dort nur eingeschränkt geparkt werden könnte, es sei denn die Straße würde ausgebaut. Das ist allerdings nicht wirklich eine Option, weil sie an ein Landschaftsschutzgebiet und Privatgrundstücke angrenzt. Weil in reinen Wohngebieten zwischen 22 und 6 Uhr strenge Lärmgrenzwerte gelten, könnte also ein Parkhaus oder ein größerer Parkplatz nur auf dem bestehenden Parkplatz entstehen, sagt die Machbarkeitsstudie aus. „Doch wer bezahlt den Bau?“, fragt Stefan Döring. Das würde doch aus Steuermitteln der Stadt geschehen müssen, denn die zugesagten 25,6 Millionen Euro für die Wiedereröffnung des Fernsehturmes seien nur für den Turm vorgesehen.
Problem 4: Steuergeld für Privatbau
Damit spricht er ein Thema an, das vielen Anwohnern unter den Nägeln brennt. Eigentümer des Fernsehturmes ist die Deutsche Funkturm GmbH, eine Tochter der Telekom. Bezahlt wird die Wiedereröffnung jedoch von Bund, Land und Stadt. „Wir akzeptieren, dass viele Dresdner schöne Erinnerungen an den Turm haben und sich auf die Wiedereröffnung freuen. Aber es kann nicht allein Aufgabe der Stadt sein, alles ringsum für den Eigentümer und einen künftigen Betreiber des Turmes zu bezahlen“, sagt Stefan Döring. Zumal nicht sicher sei, dass die Betreibung kostendeckend verlaufen wird. „Da ist eine weitere Subventionierung nicht ausgeschlossen.“

Lösungsansätze der Stadt
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sind die Anwohner am Besuchertag nicht verborgen geblieben, die vergeblich vor dem Tor des Turmes standen. Er bittet um Geduld, bis das Verkehrkonzept Anfang 2020 fertig ist, in dem alle Optionen untersucht werden sollen. „Wir wissen, dass die Verkehrsanbindung die Hauptherausforderung ist.“ Laut Hilbert wird im Konzept auch eine Straßenbahnverlängerung bis Gönnsdorf analysiert oder eine autonom fahrende Buslinie, die an einem Park-&Ride-Platz startet. „Natürlich werden wir dann auch die Anwohner in einer öffentlichen Versammlung informieren.“ In der öffentlichen Studie seien die Knackpunkte alle genau beschrieben, die Problemsituationen also bekannt.
Lösungsansätze der Anwohner
„Es gibt die einmalige Chance, auch vor dem Hintergrund des gestiegenen Umweltbewusstseins, dass Dresden den öffentlichen Nahverkehr zum Turm favorisiert“, sagt Alexander Rohr. Vorstellbar wäre, dass kleine Elektrobusse in regelmäßigem Takt vom Parkplatz ältere Besucher, Familien mit Kleinkindern oder Personen mit Einschränkungen zum Turm fahre. „Der Ortskern aber müsste vom Individualverkehr frei gehalten werden“, so Rohr. Um den Besucherverkehr zu steuern, könnte man wie beim Londoner Riesenrad oder dem Grünen Gewölbe stundenbezogene Tickets im Internet verkaufen. Der Turm müsste so nicht zwangsläufig täglich geöffnet sein.
Zuletzt wünschen sich die Anwohner eine schnelle Information über alle Schritte am Turm. Denn auch der Bau werde bei der Infrastruktur schwierig werden.