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Wie die Nieskyer Feuerwehr einsatzbereit bleibt

Der neue Brandschutzbedarfsplan zeigt nicht nur ein personelles Defizit, sondern auch, dass in Technik investiert werden muss. Das geht aber nicht auf einmal.

Von Steffen Gerhardt
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Zu Unfällen werden die Nieskyer Feuerwehren doppelt so oft gerufen wie zu Bränden. Deshalb muss auch die Menschenrettung bei Verkehrsunfällen geprobt werden. Wie hier bei zwei von der Brücke der B 115 abgestürzten Pkws.
Zu Unfällen werden die Nieskyer Feuerwehren doppelt so oft gerufen wie zu Bränden. Deshalb muss auch die Menschenrettung bei Verkehrsunfällen geprobt werden. Wie hier bei zwei von der Brücke der B 115 abgestürzten Pkws. © André Schulze

Die Drehleiter der Nieskyer Feuerwehr ist begehrt. Nicht nur bei Einsätzen in der Stadt, sondern auch im Nieskyer Umland bis hinein in die Stadt Görlitz. Das veranlasst Stadtwehrleiter Steffen Block zu dem Satz: "Niesky ist für Görlitz eine Hausnummer". Zwar hat die Neißestadt eine Berufsfeuerwehr und auch eine Drehleiter. Aber eine allein reicht manchmal nicht, wie das flammende Inferno im Gewerbepark Roscher vor einem Jahr zeigte. 

Die Nieskyer Drehleiter ist aber in die Jahre gekommen. Vor 20 Jahren wurde sie von der Stadtfeuerwehr in Dienst gestellt. Die Wartungskosten sind inzwischen keine kleinen Posten mehr. "Wobei es weniger die Leiter ist, die uns Sorgen macht, sondern das Fahrzeug, auf dem sie montiert ist", sagt Steffen Block beim Vorstellen des neuen Brandschutzbedarfsplanes im Stadtrat.  

Drehleiter ist auch zweiter Rettungsweg

Dass Niesky seine Drehleiter braucht, ist auch unter einem anderen Aspekt zu sehen. "Sie dient in der Stadt als zweiter Rettungsweg, zum Beispiel aus Wohnungen im Dachgeschoss", erläutert der Stadtwehrleiter. Denn  für den Brandschutz ist gesetzlich festgeschrieben, dass bewohnte und öffentliche Gebäude ab acht Meter Höhe einen zweiten Rettungsweg haben müssen. In Niesky konnte das bisher vermieden werden, weil die Drehleiter für den Notfall bereitsteht.  Würde die Drehleiter wegfallen, hätten einige Hauseigentümer und Vermieter ein großes Problem.   

Deshalb sieht der Brandschutzbedarfsplan vor, dass 2029/2030 ein neues Fahrzeug mit Drehleiter angeschafft wird. Auch zur Sicherheit der Dachgeschossbewohner in Niesky. Dazu ist dieser Bedarfsplan Voraussetzung, um Fördermittel für Feuerwehrtechnik beantragen zu können. Steffen Block hat ihn zusammen mit den Ortswehrleitern ausgearbeitet. Andere Gemeinden kaufen sich dafür ein Ingenieurbüro ein, während Niesky in Zeiten klammer Kassen auf seine eigenen Fachleute setzt.    

Altes Löschfahrzeug ersetzen

Akuter als die Drehleiter ist der Wechsel eines anderen Fahrzeuges, das Niesky vom Katastrophenschutz des Landes Sachsen nach der Jahrtausendwende übernommen hat. Es handelt sich um das Löschgruppenfahrzeug vom Typ LF16/12, Baujahr 2001. Dieses Einsatzfahrzeug verursacht seit Jahren hohe Kosten durch seinen Verschleiß und die minderwertige Qualität der verwendeten Materialien. "Eine baldige Ersatzbeschaffung ist notwendig", sagte Block gegenüber den Stadträten.  

Die Nieskyer Kameraden plädieren für ein Hilfeleistungsgruppenfahrzeug, so der exakte Name. In vielen Feuerwehren gehört dieses HLF zum Fuhrpark  bereits dazu. Je nach Ausstattung bietet es den Einsatzkräften auch die notwendigen Geräte, um technische Hilfeleistung zu geben, zum Beispiel bei Verkehrsunfällen.

Mehr Hilfeleistungen als Brände gelöscht

Dass technische Hilfeleistung inzwischen zur Hauptaufgabe der Niesyker Feuerwehren geworden ist, belegt der Stadtwehrleiter mit Zahlen. Im vergangenen Jahr war die Nieskyer Stadtwehr zu 23 Bränden ausgerückt. Die Hilfeleistungen sind fast doppelt so hoch. 44 Einsätze gab es. Aber auch die Fehlalarme sind gestiegen. 23 Mal rückten die Kameraden umsonst im vergangenen Jahr aus. Zählt man die letzten fünf Jahre zusammen, so kommen die Nieskyer seit 2015 auf 105 Brände, sie leisteten 240 Mal technische Hilfe und hatten 81 Fehlalarme zu verbuchen.   

Stannewisch hat mehr Personal als notwendig

Unterschiedlich stehen die Ortswehren beim Soll-Ist-Vergleich mit ihrem Personal da. Die größten Reserven hat Stannewisch. Statt vorgeschriebener zwölf Feuerwehrleute versehen 17 ihren Dienst. Davon sind sieben Atemschutzgeräteträger. Dem folgt See. Dort sind von den geforderten 18 Kameraden 20 im Dienst. Kosel und Ödernitz fehlen jeweils zwei Feuerwehrleute zur Sollstärke von zwölf, und bei der Stadtwehr Niesky einer. Dort müssen es 40 Einsatzkräfte sein. 

So miserabel sind die Nieskyer Ortswehren also doch nicht besetzt. Aber die Statistik sagt nichts darüber aus, ob diese Kameraden rund um die Uhr einsatzbereit sind. Steffen Noll als stellvertretender Ortswehrleiter von Niesky betonte im Stadtrat, dass tagsüber ein Großbrand mit den Nieskyer Kameraden nicht zu bewältigen sei - weil die Leute fehlen. Der Seer Wehrleiter Siegfried Lange spricht von einem "beängstigenden Zustand" in seiner Ortswehr, was die Tagesbereitschaft angeht. 

Zusätzliche Aufgaben durch Tunnel und Bahn

Nicht zu verschweigen sind die zusätzlichen Aufgaben, die die Nieskyer Wehren inzwischen mit zu erfüllen haben. Dabei ist nicht nur die Autobahn mit ihrem Tunnel gemeint, sondern auch die ausgebaute Bahnmagistrale. Auch auf dieser rollen Gefahrengut-Transporte, die verunglücken können. Diese Einsatzorte sind ebenso Bestandteil im Brandschutzbedarfsplan wie die Löschwasserversorgung.

Für die Stadt Niesky schätzt sie Steffen Block als gut ein, weil sich auch die Stadtwerke dahinterklemmen. Schlechter sind die Bedingungen auf den Dörfern, meist geschuldet dem kleineren Querschnitt der Wasserleitungen. Auch da muss sich etwas ändern, denn die Löschfahrzeuge werden immer leistungsstärker und können binnen Minuten das Leitungsnetz zusammenbrechen lassen.  

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