Von Christoph Scharf
Ganz ohne Ironie ist die Geschichte nicht: Erst wird die Verbraucherzentrale für ihre kritischen Analysen auf dem Finanzmarkt ausgezeichnet – dann eröffnet sie ihre Beratungsstelle in Meißen ausgerechnet in einer früheren Bankfiliale. Seit gestern sitzen die Berater in den Räumen am Brückenkopf der Altstadtbrücke. Dort war die Commerzbank nach der Fusion mit der Dresdner Bank ausgezogen.
Tatsächlich ist die Wahl aber nicht Absicht. „Es war gar nicht so leicht, in Meißen passende Räume für die Verbraucherzentrale zu finden“, sagt OB Olaf Raschke (parteilos). Zentral sollten sie liegen, behindertengerecht sein, über genug Büros und Beratungsräume verfügen. „Zwei Jahre lang haben die Gespräche gedauert – jetzt bin ich froh, dass es so gut geklappt hat“, sagt der OB. Die städtische Wohnungsgesellschaft Seeg kam den neuen Mietern beim Mietpreis entgegen. Auch der Landkreis unterstützt die Beratungsstelle, die von Riesa nach Meißen verlegt wurde.
Den Ausschlag für den Umzug gab allerdings eine Entscheidung in Riesa: Dort wurde beschlossen, das Angebot nicht weiter zu bezuschussen. „Außerdem sehen wir Meißen als eine jüngere Stadt mit einer wachsenden Bevölkerung an“, sagt Andrea Heyer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Themen dürften aber in beiden Städten ähnlich sein: Die Kunden suchen Beratung zur Wahl des günstigsten Strom- oder Gasanbieters, über günstige Girokonten, verzichtbare Versicherungen oder Heizkosten-Abrechnungen. „Beim Wetter momentan dürfte aber eher interessieren, welche Zusatzstoffe im Speiseeis enthalten sind“, sagt Andrea Heyer.
Typische Themen in Riesa waren Kaffeefahrten, Telefonverträge oder Abofallen im Internet, sagt Karolin Reiber, die nun vertretungsweise die Beratungsstelle in Meißen leitet. Im Kommen seien Probleme mit dem Finanzmarkt: etwa versteckte Kosten bei Konten, aufgeschwatzte Versicherungen, dubiose Geldanlagen – oder die beliebten Bearbeitungsentgelte für Kredite. „Die Sparkasse Meißen hat bei dem Thema leider den Schlichtungsspruch abgewiesen“, sagt die Juristin, die wenn nötig auch vor Gericht ziehen will. Ein weiteres Problem sind Verstöße beim Urheberrecht – wenn etwa Kinder oder Enkel im Internet illegal Filme heruntergeladen haben und dem Anschluss-Besitzer eine 1 000-Euro-Rechnung ins Haus flattert. „Wir prüfen, ob der Empfänger der Rechnung den Verstoß überhaupt begangen haben kann – oder versuchen wenigstens, die Kosten zu drücken.“ Gar nichts zu zahlen, klappe nur bei dubiosen Zahlungsaufforderungen.
Auch die Arbeit der Verbraucherzentrale ist nicht kostenlos: So kostet die Stunde Beratung bei Urheberrechtsverstößen 50 Euro, die Standardberatung 15 Euro. Beratungen sind in Meißen künftig drei Tage pro Woche möglich. In den Außenstellen Riesa und Großenhain gibt es nur einmal pro Monat Termine. Termine muss man noch über die Zentrale in Leipzig ausmachen: Pünktlich zum Einzug ist in Meißen die Telefonanlage kaputt gegangen – nächste Woche soll alles klappen.
Verbraucherzentrale Meißen, Gerbergasse 5, Termine unter 0341 6962929. Geöffnet ist sie Montag und Mittwoch 10-12 und 13-18 Uhr, Donnerstag 10-13 Uhr.