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Flink mit der Maus auf den Raben

„Wir dürfen heute am Computer lernen!“, sprudelt es aus Sophie, Cornelius und Linda heraus. Aufgeregt warten acht Kinder aus der ersten Klasse vorm neuen Multimediaraum der Putzkauer Grundschule auf ihre Lehrerin Kathrin Kirejew.

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Von Helga Koch

„Wir dürfen heute am Computer lernen!“, sprudelt es aus Sophie, Cornelius und Linda heraus. Aufgeregt warten acht Kinder aus der ersten Klasse vorm neuen Multimediaraum der Putzkauer Grundschule auf ihre Lehrerin Kathrin Kirejew. Das Zimmer haben sich früher Schulleiterin Martyna Wolff und die Sekretärin geteilt. Jetzt stehen vier neue Tische drin und jede Menge modernste Technik: Computer mit Flachbildschirmen, Drucker, Scanner und Beamer… Insgesamt hat es 32 000 Euro gekostet, die Schule mit moderner Computertechnik, Leitungen und Mobiliar auszustatten. Davon sind 21 000 Euro als Fördermittel geflossen, den Rest hat die Gemeinde bereitgestellt.

Heute hat Kathrin Kirejew den Raum zwei Stunden für die erste Klasse zur Verfügung. Schnell setzen sich die Kinder auf ihre Plätze. Jetzt ist Deutsch an der Reihe, die Computer sind eingeschaltet. Richard erklärt, wie er ins Deutsch-Programm kommt: „Wir klicken da drauf, wo der Rabe ist, und dann kommen die kleinen Schweinchen. Wie in Mathe.“ Die Lehrerin schmunzelt und erklärt: „Die Sanduhr muss erscheinen, dann schließt ihr das kleine Fenster.“ Es dauert einen Moment. Von wegen Schweinchen! „Das sind ja alles Raben“, staunt Jan.

Das Computerprogramm für Deutsch hält sechs verschiedene Schwierigkeitgrade bereit, zwischen denen die Schüler auswählen können. Es gibt einen Raben mit einer Zuckertüte. Der nächste sieht fast so klug aus wie ein Professor. Der dritte, meint Sophie, könnte ein Erfinder sein. „Der nächste sieht ganz schön verrückt aus!“, sagt Cornelius. Franziska darf einen langen Satz vorlesen, der auf dem Bildschirm erscheint. Sie kennt schon alle Buchstaben und stolpert über kein einziges Wort. „Prima!“, freut sich die Lehrerin.

Für Anfänger und Profis

Nun dürfen die Zweiergruppen auswählen, was sie üben möchten: Geschichten für Leseanfänger, Buchstaben, Übungen mit Wörtern, Rechtschreibung für Fortgeschrittene oder für Profis… „Ein Profi ist jemand, der was schon ganz gut kann“, erklärt Jan mit der Zahnlücke. Auch er kann längst lesen. Dabei hat er seine Zuckertüte erst am letzten Schultag vor den Winterferien bekommen. Seine Freunde aus dem Kindergarten waren alle im Herbst zur Schule gekommen, verrät er flüsternd. Deshalb hat er sich im Kindergarten gelangweilt. Er durfte ein paar Mal zum Schnupperunterricht kommen und dann endlich richtig zur Schule gehen. „Er hat sogar einen Brief geschrieben, dass er unbedingt in die Schule wollte. Druckschrift konnte er schon. Inzwischen hat er auch die Schreibschrift gelernt“, erzählt seine Lehrerin.

Die vier Computerarbeitsplätze für je zwei Kinder sind durch Wände getrennt. Die Schüler können sich leise unterhalten, ohne die anderen zu stören, aber auch nicht abgucken. Nele und Gustav wollen Buchstaben üben. Zuerst müssen sie zu einem Großbuchstaben den kleinen Buchstaben ergänzen. Gustav klickt ein „a“ an und zieht es mit der Maus zum „A“. Grünes Feld, also richtig! Er freut sich, nun ist Nele dran. Sie sucht das kleine „o“. An einem anderen Computer beschäftigen sich Linda und Sophie mit Wörtern. Sie sollen aus jeweils vier Wörtern diejenigen heraussuchen, in denen ein „ü“ oder „ch“ oder „tz“ vorkommen. Kein Problem für beide. „Prima! Du hast alle Aufgaben richtig gelöst. Was möchtest du nun machen?“, steht auf dem Bildschirm. „Prüfung“, klickt Sophie an, und diesmal sind Wörter mit „au“ zu finden.

Während die Schüler lesen, mit der Maus arbeiten oder Buchstaben tippen, schaut Kathrin Kirejew den Gruppen abwechselnd über die Schulter. Helfen braucht sie kaum. Nebenbei macht sie auf Buchstaben aufmerksam, die die erste Klasse gerade erst kennen gelernt hat oder die noch fremd sind. Sie freut sich, wenn viele grüne Fenster erscheinen und lobt die Kinder. Nele und Gustav verzichten diesmal auf die Übung und trauen sich gleich die „Prüfung“ zu.

Franziska und Jan haben sich für etwas Schwereres entschieden. „Sobald die Maus etwas hört, verschwindet sie im Gebüsch.“ Fließend liest Franziska den Satz vor, in dem „Maus“ und „hört“ farbig hervorgehoben sind. Sie prägt sich beide Wörter ein, und nach dem nächsten Maus-Klick erscheint der Satz als Lückentext. Franziska muss die beiden fehlenden Wörter ergänzen und darauf achten, dass „Maus“ mit einem großen Buchstaben beginnt. Das grüne Fenster erscheint, Jan wartet schon auf den nächsten Satz.

Auf Cornelius‘ und Richards Monitor tauchen Bilder und zusammengesetzte Wörter auf. Zur dicken Regenwolke und dem Schirm bietet der Computer die Wörter Regenschirm, Regentag und Regenwolke an. Die Kinder lesen sie vor und klicken das passende an. Fuß und Pilz, Baum und Haus… Alle sind so konzentriert bei der Sache, dass sie sogar ein bisschen traurig sind, als es plötzlich klingelt. Die Lehrerin erklärt, mit welchen Schritten das Programm zu beenden ist und lobt alle Kinder, weil sie so eifrig gelernt haben. Die Sechs- und Siebenjährigen stürmen auf den Schulhof, sie haben sich die große Pause redlich verdient.

Nächste Woche werden andere Schüler aus der ersten Klasse an den Computern sitzen. Vier Stunden sind pro Woche für die erste Klasse vorgesehen. „Schauen Sie mal“, zeigt Kathrin Kirejew ein Heft, in dem die Lehrer den Unterricht im Multimediaraum anmelden. Der Raum wird zwar erst am Dienstag eingeweiht, aber im Heft ist die erste Seite fast voll.