Von Sandro Rahrisch
Mit großen Augen beugen sich Maria und Karam über die Reling und staunen, wie schnell das Wasser unter ihnen fließt. Wie die Schaufelräder arbeiten, damit der Dampfer „Leipzig“ vorankommt. Und welche Hitze der riesige Kessel im Schiffsinneren abstrahlt. Die beiden Kinder sind zum ersten Mal in ihrem Leben auf der Elbe.
Rund 70 geflüchtete Frauen und 30 Kinder haben das Terrassenufer, das Blaue Wunder und Schloss Pillnitz gestern vom Wasser aus kennengelernt. Unter ihnen sind anerkannte Flüchtlinge, aber auch Familien, die noch nicht wissen, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. Auch Maria, Karam und ihre Mutter suchen in Deutschland Asyl. Sie kommen aus der syrischen Großstadt Aleppo. Vor sieben Jahren zählte sie noch 1,7 Millionen Einwohner. Das war vor dem Krieg. Jetzt kämpfen Regierungstruppen und islamistische Rebellen um die Vorherrschaft. Bislang sind im syrischen Bürgerkrieg über 220 000 Menschen ums Leben gekommen, so die Vereinten Nationen. Als Annelie Gunkel vom interkulturellen Frauentreff die Dampferfahrt im Januar plante, standen noch keine weißen Flüchtlingszelte in Dresden. Das Ziel der „Traum-Schifffahrt“, wie sie sie nennt, ist, Dresden aus einer neuen Perspektive zu erleben. Außerhalb von Flüchtlingsunterkünften. „Es sind Familien dabei, die inzwischen seit fünf Jahren auf Asyl warten“, sagt sie.
Bezahlt wird die Tour auf der Elbe vom Verein „Aufwind“, der ausschließlich Geld für solche Projekte sammelt. Die Sächsische Dampfschiffahrt spendiert jedem Passagier ein Getränk. „Das treibt uns nicht in den Ruin“, sagt Sprecher Robert Rausch. Alle Familien kostenlos mitzunehmen, sei nach der Niedrigwasserperiode, die den Schiffen eine Zwangspause verordnete, dagegen schwer.
Nächste Woche wird ein zweiter Dampfer am Terrassenufer ablegen. Mit 25 Frauen strickt Annelie Gunkel derweil Mützen, Schals und Kinder-Kleidchen für die Flüchtlinge. Auch Kissen. „Eigentlich gehören die auf ein Sofa“, sagt die Projektleiterin. In den Zeltlagern und Notunterkünften sollen sie den Bewohnern wenigsten etwas Wärme geben.