Ein Forschungshaus fürs moderne Bauen

Jürgen Weber weiß, wovon er spricht. Jahrelang arbeitete er beim Land- und Baumaschinenhersteller CNH in der Entwicklung von Nutzfahrzeugen. Heute zählt CNH nach einer Fusion mit der Fiat-Nutzfahrzeugsparte und solchen Marken wie Iveco und Magirus zu den Großen der Branche.
Doch als die Fusion über die Bühne ging, war Weber bereits wieder an die TU Dresden zurückgekehrt, wo er auch studiert und promoviert hat und seit 2010 eine Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik innehat. Da geht es um Antriebssysteme im Maschinenbau.
Seine Kontakte in die Wirtschaft pflegte Weber aber weiter. Und so brachte er nun ein Netzwerk zusammen, zu dem neben zwei Universitäten und wichtigen Verbänden der Baubranche auch die Marktführer Max Bögl, Liebherr oder Rexroth gehören. Zusammen wollen sie erforschen, wie das Bauen in der Zukunft aussehen wird. Und anschließend natürlich auch anwenden - eine Weiterführung der Erkenntnisse aus der Verbundforschung.
Diese Weiterführung der Forschung soll sowohl in Versuchshallen der TU Dresden stattfinden als auch in einem neuen Entwicklungs- und Erprobungsareal im Görlitzer Gewerbegebiet Klingewalde. Großräumige Testareale könnten in Hoyerswerda genutzt werden.
Schon Mitte vergangenen Jahres hatte Bundesbauminister Horst Seehofer bei einem Besuch in Görlitz eine entsprechende Absichtserklärung mit seinem sächsischen Ministerkollegen Roland Wöller unterzeichnet und dabei 15 Millionen Euro für den Aufbau dieses Technologieparks in Aussicht gestellt. So soll ein neues Gebäude in dem Gewerbegebiet in Klingewalde, das seit seiner Erschließung praktisch ungenutzt ist, errichtet werden. Zudem hatte der Zoll in Aussicht gestellt, ebenso im Gewerbegebiet Klingewalde ein Dienstgebäude für 105 Mitarbeiter anzusiedeln.

Am Donnerstag stellte nun Weber im Görlitzer Stadtrat den Stand der Dinge vor. Im Grunde kann es losgehen, wenn das Geld kommt und eine Betreiberform für den Technologiepark gefunden ist. Das Geld soll aus den Milliarden des Strukturstärkungsgesetzes kommen. Anträge können vermutlich ab September gestellt werden. Oberbürgermeister Octavian Ursu, der das Projekt von seinem Vorgänger geerbt hat, will das Vorhaben umsetzen. Für ihn würde sich damit eine Forschungslandschaft in Görlitz vom Technologiepark in Klingewalde über die Hochschule und Casus in der Innenstadt, den Siemens-Campus in der Südstadt bilden. Mit allen Chancen für neue Jobs auch in der Wirtschaft.
Der Bedarf aus der Baubranche, da ist sich Weber sicher, ist riesig. Überall geht es darum, wie mit Hilfe elektronischer Daten das Bauen verändert, erleichtert, verbessert werden kann. wie es effizienter wird. Sprechen also künftig, wie es Innenminister Wöller vor einem Jahr sagte, die Maschinen miteinander? Tatsächlich sollen sie mit dem neuen 5G-Netz beispielsweise vernetzt werden, kommunikationsfähig sein. Es geht um Warn-Apps, um das Erkennen von Gefahren, um mehr Sicherheit und Effektivität beim Bau, um das Bauen mit Holz, um digitale Bauplanung, neue Antriebstechniken und den Einsatz von Robotern, manche Bauteile werden dann wohl auch aus dem 3-D-Betondrucker kommen. "All das muss man testen", erklärt Weber.
Görlitz mit seiner großen Bautradition wäre ein guter Standort für einen solchen Technologiepark, der auf Dauer eingerichtet wird und immer wieder für die Branche innovative Technologien entwickelt. So wie es immer war. Denn schließlich waren auch die Baumeister wie Wendel Roskopf im 16. Jahrhundert, der den Schönhof errichtete, auf der Höhe ihrer Zeit und beeinflussten wiederum ihre Branche.
Warum Görlitz, die Frage kam auch im Stadtrat auf. Am liebsten hätte er solch ein Reallabor direkt hinter seinem Lehrstuhl-Büro, scherzte Jürgen Weber. Auf der anderen Seite hat Görlitz bereits Impulse als Forschungsstandort gesetzt. Synergien könnte sich Weber hier gut vorstellen. Und auch die Hochschule Zittau-Görlitz habe schon Interesse angemeldet. "Es ist hier am praktikabelsten."
Für all das muss es jetzt aber auch schnell gehen, denn nicht nur in Sachsen werden solche Ideen derzeit zusammengetragen. Daher warb Weber um Unterstützung, im Stadtrat traf er auf eine positive Stimmung an diesem Abend. Nun geht es an die Umsetzung.