Fränzi trifft Minotaurus in Lauenstein

Uta lässt die Halbleiter schweben, sie ist die blauäugige Göttin der Digitalisierung. Und besteht aus einem sehr analogen Material: aus Terrakotta, einem unglasierten gebrannten Ton, dessen Bezeichnung aus dem Italienischen kommt und wörtlich übersetzt „gekochte Erde“ heißt. Heiß ist Uta tatsächlich gewesen, so um die eintausend Grad Celsius, als sie Christa Donner aus dem Ofen holte. Die Bildhauerin aus Karsdorf hat der jungen Frau hernach noch ein taubenblaues Kleid angemalt und den Hut oben rot und unten gelb gefärbt.
Ursprünglich hatte Uta nichts zwischen den Händen, sie zauberte imaginär. Für das Ausstellungsprojekt „postdigital“ im vergangenen Herbst aber ergänzte Christa Donner ihre Plastik um die elektronischen Zutaten, und dabei blieb es.
So steht sie nun auch im Schloss Lauenstein, das in einer Sonderausstellung, die bislang wegen der Corona-Verbote keiner sehen durfte, zwei Bildhauerinnen viel Platz für ihre Werke einräumt. Christa Donner, die Keramik und Sandstein als Material bevorzugt, und die Dresdnerin Kornelia Thümmel, deren Figuren meistens aus Holz und Aluminium bestehen, zeigen in einem spannenden Arrangement eine Auswahl vorwiegend jüngerer Arbeiten.
Es ist die erste gemeinsame Schau der beiden Künstlerinnen, deren Wege sich zuvor einige Male bei Symposien in der Sächsischen Schweiz kreuzten. Ihre berufliche Entwicklung verlief auf unterschiedlichen Gleisen. Christa Donner, Jahrgang 1958, lernte in der Sächsischen Porzellanmanufaktur Dresden in Freital zunächst den Beruf einer Keramformerin, bevor sie an der Hochschule für bildende Künste in Dresden bei Helmut Heinze Bildhauerei studierte. Sie gehört zu den Gründerinnen der Künstlergruppe Dresdner Sezession 89, die in Dresden die Galerie Drei betreibt.
Die aus Leipzig stammende Kornelia Thümmel, geboren 1971, begann erst mit dreißig ein Studium an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle an der Saale bei Professor Bernd Göbel, bei dem sie Meisterschülerin war.
Beide Frauen haben ganz eigene künstlerische Sprachen entwickelt, die nun im Osterzgebirge aufeinander treffen. Während Christa Donner beim Gegenstand bleibt und bei runden Formen, geht es bei Kornelia Thümmel gern etwas kantiger und abstrakter zu, ohne dass sie dabei die Figur gänzlich auflöst. Ihre großartige in Aluminium gegossene „Venus“ zum Beispiel hat auch auf dem Rücken Brüste, während „Kassandra“ als kühler Klotz erscheint. „Am Abend“ hingegen ist eine lebensgroße Figur aus Aluminium, ein weitgehend nackter Mann, der ein katzenähnliches Ungeheuer in seinen Armen hält.
Manches fügt sich in der Ausstellung zueinander, als wäre es gewollt. So wird Kornelia Thümmels „Tanzender Minotaurus“ zum silbrigen Haustier der „Solveig“ aus Ibsens Drama „Peer Gynt“, einer Sandsteinfigur von Christa Donner. Die Karsdorferin formt vor allem Frauen wie „Fränzi“, die eine Taube in den Händen hält, oder eine blonde Punkerin, die ein rosafarbenes Herz behütet. Misstrauisch beäugt von Uta mit ihrem unfassbar hypnotischen Blick.
Bis 21. Juni im Schloss Lauenstein, Do.-So. und an Feiertagen 10-16.30 Uhr: Finissage am 20. Juni, 15 Uhr.