Die Toten vom Jäckelberg

Noch einmal wird Frank Kuppe auf den Berg gehen, um den Ermordeten die letzte Ehre zu erweisen. Acht Männer liegen unter dem großen Stein auf dem Jäckelberg in Ebersdorf. Eine Schale mit Gottesaugen – kleine Blumen sind das - will der 79-Jährige aufstellen. Die Tulpen und Narzissen sind nun verblüht. Im Herbst räumte Frank Kuppe zusammen mit seiner Frau das Laub weg, legte Reisig den Winter über auf die Grabstelle. Die Frühblüher haben sie gepflanzt, die Farne am Grab. Kuppes kümmerten sich ehrenamtlich schon lange um die Grabstelle. Seit 15 Jahren pflegen sie das Umfeld des Gedenksteins. Von Angehörigen ist dem Ehepaar nichts bekannt. Nur einmal – "im Sommer 2016 war das" - sei ein Fernsehteam auf den Berg gekommen. "Da waren von einem der Toten die Nachfahren da und ein Fernsehsender hatte das begleitet", erinnert er sich.
Jung waren die Männer zu ihrem Todeszeitpunkt. Der Älteste 35 Jahre, der Jüngste gerade 20. "Sie hatten ihre Waffen weggeworfen", sagt Frank Kuppe. Nur einen Tag vor dem Kriegsende – am 7. Mai 1945 – wurde ihnen das zum todbringenden Verhängnis. Für Kuppe, Jahrgang 1941, immer noch unfassbar: Menschen wurden erschossen, weil sie den Krieg nicht mehr mitmachen wollten. Die Grauen des Zweiten Weltkrieges dürften nie in Vergessenheit geraten.

Eine Herzensangelegenheit
Genau 75 Jahre ist es jetzt her, als sich in Ebersdorf das Drama abspielte. Der Rentner schildert, was die damals Alteingesessenen erzählten: "Die Soldaten sollen sich aus einem Truppenteil entfernt und am Stadionweg in Löbau versteckt haben", erzählt er. Dort seien sie aufgegriffen und von einem Reichsfeldgericht in der Stadt nach kurzer Verhandlung zum Tode verurteilt worden. Das "Urteil" wurde nicht in Löbau, sondern auf einer Wiese unterhalb des Jäckelbergs in Ebersdorf vollstreckt. "Zuerst wurden die Männer auf dieser Wiese verscharrt und dann einige Monate später auf den Berg umgebettet", sagt Frank Kuppe. Die Aufschrift auf dem Gedenkstein: "Hier ruhen als Opfer des Faschismus acht kriegsmüde deutsche Soldaten, erschossen am 7. Mai 1945."
Für Kuppes war es eine Herzensangelegenheit, sich um die Grabstelle zu kümmern. Nun ginge allerdings bei ihnen altersbedingt die Luft etwas raus. Sich regelmäßig weiter um die Stätte zu kümmern, falle ihnen zunehmend schwerer. Die Ebersdorfer wünschen sich, dass das Grabdenkmal weiter regelmäßig in Ordnung gehalten wird. "Dazu habe ich schon Kontakt mit der Stadtverwaltung aufgenommen", sagt er. Das bestätigt Sprecherin Eva Mentele auf Nachfrage und kann versichern, dass die Stadt künftig das Soldatengrab pflegen wird. Die Kriegsgräber - beispielsweise diejenigen auf dem evangelischen Friedhof, die Kriegsgräberstätte auf dem Löbauer Berg und andere - werden bereits durch die Stadt betreut. Frank Kuppe will sich auch nicht völlig zurück ziehen. Ab und an ein paar Blumen niederlegen, dass möchte er auch dann, wenn die Stadt die Pflege übernommen hat.